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Bisher hat sich der Schweizer Autor und Regisseur Marcel Gisler einen Namen mit Spielfilmen gemacht, zuletzt „Rosie“. Nun zeigt er, dass er auch als Dokumentarfilmer Großes zustande bringt.

Gisler erforscht die Persönlichkeit eines nicht mehr ganz jungen aber auch noch nicht wirklich alten Mannes, Florian Burkhardt. In den 1990er Jahren hat Florian B. als Model die Welt gesehen, machte sich daran Hollywood zu erobern, wurde unter dem Pseudonym „Electroboy“ zu einer Schlüsselfigur der kommerziellen Party-Szene in der Schweiz. Jetzt haust er in Bochum, in ärmlichen Verhältnissen, geplagt von Misserfolg und häufigen Panikattacken. Das Drehen des Films hat sicher auch etwas von einer Therapie für Florian Burkhardt gehabt. Er beweist sich im Interview mit Gisler nämlich selbst, und damit dem Publikum, dass es auch „ganz unten“ möglich ist, die eigene Würde zu bewahren.

Das klug geführte Interview des Regisseurs mit dem Protagonisten steht im Zentrum des Films. Als Zuschauer kommt man dabei der Titelfigur sehr nah. Doch man wird nie zum Voyeur. Marcel Gisler ist nicht auf Sensationen aus, nicht darauf, eine Persönlichkeit zu entblättern. Er ergründet vielmehr welche Möglichkeiten Menschen haben, die sich in schillernden Träumen verlieren, wieder Bodehaftung zu bekommen. Dabei verschweigt der Film nicht, wie schwer das sein kann. Genau das macht seine enorme Wirkung aus.

Peter Claus

Bilder: © deja vu filmverleih

Electroboy, von Marcel Gisler  (Schweiz 2014)