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Plastik allüberall. Nur einige Beispiele: „Harry Potter“ ist selbst schon die Kopie der Kopie (etwa von der „The Wizard of Oz“-Adaption „Der Zauberer der Smaragdenstadt“ und den -x Nachfolgern dieses sowjetischen Kinderbuchschlagers) und wird fleißig nachgemacht; die Saucenfluten der Popsong-Industrie kochen, werden mit Uralt-Versatzstücken gebraut; im Theater, jüngst an der Komischen Oper Berlin mit „Clivia“, werden olle Kamellen aufgeputzt und als Showspektakel offeriert, damit die Kasse klingelt. In allen Fällen sind wir es, die Konsumenten, die blöd genug sind, die Profitraten der Produzenten zu steigern. Meist ist der cineastische Plastik-Kram ja recht harmlos. Doch es gibt Grenzen. Wer etwa für diesen Brutalo-Quatsch Geld ausgibt, sollte dringend mal einen Kassensturz machen, und zwar nicht nur im Portemonnaie, sondern auch und vor allem im Hinterstübchen!

Zack „Man Of Steel“ Snyder hat sich als Regisseur mit einer Hochglanzästhetik voll durchgestylter Art einen Namen gemacht. Aussehen ist bei ihm alles, der Inhalt eher zweitrangig. Immerhin überzeugte seine Graphic-Novel-Realverfilmung „300“ (2007) mit geschickter Spannungsmache und Hauptdarsteller Gerald Butler. Nun 300_320also gibt’s die von ihm nicht inszenierte, aber geschriebene und produzierte Fortsetzung, die keine Fortsetzung ist, sondern ein Abenteuer offeriert, das sich parallel zu dem in „300“ abspielt. Erzählt wird eine Mär aus dem Jahr 480 vor Christi Geburt, die allein dazu dient, ein geradezu infernalisches Schlachtgetümmel zu offerieren. Der Zuschauer darf genüsslich durch Blutmeere waten und fröhlich dem Sterben am Fließband zusehen. Ausgestellt wird dabei von Regisseur Noam Murro insbesondere das Töten. Allerlei Unbill auf hoher See sind dabei das A und O. Serviert wird das plastic-like: visuelle Tricks bestimmen die Geschichte, nicht die Geschichte die Tricks und damit die Gestaltung. Da braucht’s dann natürlich auch keine guten Schauspieler mehr. Ein Douglas Fairbanks sen. oder ein Harry Piel, um einmal zwei Veteranen des Action-Kinos zu nennen, wären hier völlig Fehl am Platz.

Alles, was geschieht, ist allein Vorwand für brutale Gewaltdarstellung in vollem Glanz, den die modernste Computertricktechnik ermöglicht. Das ist einfach nur widerwärtig. Köpfe rollen, Gedärm quillt aus Leibern, von Humanität nicht mal eine flüchtige Spur. Nihilismus pur. Und da wundert sich jemand, dass es Leute gibt, die sich als Nazis gebärden?! Hier sieht das Töten so leicht aus, dass man sich nicht wundern darf, welche Schreckenstaten uns in der Realität begegnen. Auch darf man sich nicht wundern, wieso weltweit das Phänomen Fremdenhass zunimmt. „Filme“ wie dieser schüren den Mist, indem sie Pappfiguren anbieten, die mit dem faschistischen Terminus „Übermensch“ treffend gezeichnet sind, und Pappfiguren, die von Adolf Hitler und dessen verbrecherischen Helfershelfern als „Untermenschen“ denunziert worden. Da nutzt es auch nichts, dass dieser Müll erst für Zuschauer ab 18 Jahre zugelassen worden ist. Schließlich gibt es leider viel zu viele, die längst 18 und älter sind, die solchen geistigen Dünnschiss für Vollwertkost halten.

Peter Claus

300: Rise of an Empire, von Noam Murro (USA 2014)

Bilder: Warner