Ein neues Buch über den Filmemacher Rudolf Thome
Dieses Buch – als Festschrift zum 70. Geburtstag von Rudolf Thome gedacht – kommt zwar mit Verspätung, dafür ist es eine „runde Sache“ geworden. Freunde und Fans des Regisseurs werden sich freuen. Aber auch für „Thome-Aversive“ dürfte das Buch von Interesse sein. Denn vieles, was in den insgesamt 34 Beiträgen zum Ausdruck kommt, ist auch ein Stück bundesdeutscher Filmgeschichte.
Rudolf Thome, dessen filmische Anfänge in den 60er Jahren in München liegen, kann mittlerweile auf ein Gesamtwerk von 27 Lang- und 6 Kurzfilmen blicken. Im Zentrum seines künstlerischen Schaffens steht von Beginn an das krisenhafte und komplizierte Leben moderner Menschen, ihre Befindlichkeiten, vor allem aber ihre Verstrickungen in Liebesdingen. Dieses Thema „das Interessanteste im Leben“ verfolgt der Regisseur nach wie vor mit beneidenswerter Unermüdlichkeit. Immer sind die Filme eigenartige, kunstvolle Konstruktionen, angesiedelt in einem seltsamen Zwischenreich wo sich Realität und Phantasie überlagern. „Thome verzaubert die Welt“ schrieb jüngst ein Kritiker. Dieser Zauber scheint sich auch auf diejenigen zu übertragen, die über seine Filme nachdenken, schreiben.
In den Aufsätzen, Interviews und Erinnerungsstücken des Buches erfährt der Leser sympathisch beiläufig vieles über das abwechslungsreiche, abenteuerliche und zum Teil schwierige Leben des Regisseurs, der mit dem Schreiben über Film u.a. für die „Süddeutsche Zeitung“ und den „Tagesspiegel“ anfing, sich in Berlin als Bauarbeiter verdingte und im Arsenal-Kino Filmrollen schleppte, um mit sage und schreibe 800 DM das 16mm Material für seinen 5. Film zu finanzieren. Das war, man glaubt es kaum, fünf Jahre nach „Rote Sonne“, dem legendären Film mit Uschi Obermaier, die – auch das erfährt man in dem Buch – nur gegen äußerste Widerstände von Rainer Langhans „die Erlaubnis“ bekam mitzuspielen. Heute gilt „Rote Sonne“, der Film in dem vier junge Frauen in einer Art Kommune leben und beiläufig Männer umbringen, als „einer der radikalsten deutschen Filme“, so Norbert Grob in seinem Text. Und als der Film 2007 auf dem Münchner Filmfest lief „haben sich die Leute fast umgebracht vor Begeisterung“ erzählt der Regisseur.
Das schöne an dem Buch ist auch, dass ganz unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen. Da sind die kleinen „Liebeserklärungen“ von Thomas Arslan und Hanns Zischler, „alte“ erhellende Texte von Karsten Witte, Frieda Grafe, Hans-Christoph Blumenberg – den Großen der bundesdeutschen Filmkritik der 70er Jahre. Aber auch Neues von Ekkehard Knörer, Josef Lederle oder Peter Körte, um nur einige zu nennen. Daneben gibt es mehrere Interviews und ein ausführliches Werkststattgespräch in dem Thome nicht nur von seinen Filmen berichtet, sondern sich auch zur Kinosituation in Deutschland äußert: „Wir sollten nicht versuchen das Hollywood Kino zu imitieren – statt Riesenproduktionen sollten wir kleine listige Filme machen…“
Last not least findet der Leser auch zwei Beiträge, die Rudolf Thome, der übrigens seit 2003 im Netz eine Art Arbeitstagebuch führt (www.moana.de), selbst verfasst hat: „das Kino, von dem ich träume“ und „Überleben in den Niederlagen – Gedanken zum Filmemachen in der Bundesrepublik“, ein eher nüchterner, aber sehr sympathischer Text über die vielen Schiffbrüche seines Lebens.
Trotzdem und Gott-sei-Dank hat er immer weiter gemacht mit dem Filmen. Seine letzte Produktion „Das rote Zimmer“ ist jüngst in den Kinos angelaufen, wurde bereits auf der Viennale gefeiert und hat wunderbare Kritiken bekommen. Auch für diesen Film gilt der vielleicht schönste Satz des Buches: „Dass jemand so schamlos offen seine Wünsche zeigt, das ist doch etwas sehr seltenes.“ Chapeau! Und hoffentlich noch viele Filme…
Text: Daniela Kloock
Ulrich Kriest (Hg.): Formen der Liebe. Die Filme von Rudolf Thome
352 S., Pb., zahlr. Abb., 29,90 €
Schüren Verlag, 2010
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