Eine Entdeckung des diesjährigen Filmfestivals um den Max Ophüls Preis in Saarbrücken. Die Drehbuchautorin und Regisseurin ist Debütantin. Der Film ist ihre Abschlussarbeitn an der Filmuniversität Babelsberg.
Zum Titel: Ein besonders wilder Moment beim Achterbahn-Fahren, da die Welt um einen herum nichts als ein kaum wahrnehmbares Wirbeln und Irrlichtern ist, heißt in der Schausteller-Sprache Looping. Darauf spielt der Titel dieses deutschen Spielfilms an.
Leila, die Hauptfigur, 18, 19 Jahre jung, ist eine vom Rummel. Ihr Leben erscheint der sensiblen jungen Frau wie ein nicht enden wollender Looping auf der Achterbahn. Was sie schließlich aus der Bahn wirft. Sie landet weich: in einer psychiatrischen Klinik. Freiwillig geht sie dorthin. Leila braucht Ruhe, eine Auszeit von einem Alltag, den nicht sie lenkt, sondern der sie beherrscht.
In der Klinik teilt sie das Zimmer mit Ann, etwa 30 Jahre älter als Leila, und Frenja, vielleicht so 15 Jahre älter. Gemeinsam erleben die Drei eine Zeit des Glücks: sie schaffen sich heimliche Freiräume, leben ihre erotischen Fantasien aus, geben einander Nähe, Wärme, das Gefühl, gebraucht zu werden. Doch sie wissen: Die Zeit des Zusammenseins ist begrenzt. Und als das Ende des Miteinanders naht, ist nicht klar, ob es jede aus dem Trio schaffen kann, ohne die anderen zu leben, sich wieder in der eigenen Welt zu Recht zu finden.
Der Film besticht durch die Präsenz der drei Hauptdarstellerinnen Jella Haase (Leila), Lana Cooper (Frenja) und Marie-Lou Sellem (Ann) und durch das kluge Drehbuch, das alles oberflächliche Gerede vermeidet, dem Kino gibt, was des Kinos ist: eine aussagestarke Bildsprache. Die Schauspielerinnen erzählen vor allem mit ihren Körpern, auch das recht verhalten. Kein Wunder: Drehbuchautorin und Regisseurin Leonie Krippendorff kommt von der Fotografie.
„Looping“ ist kein Meisterwerk. Aber der Film ist bemerkenswert. Weder flüchtet er mit überzogenem Kunstanspruch in die manierierten Untiefen unverständlicher formaler Spielereien, noch ins kommerzielle Kunstgewerbe. Feinnervig werden existentielle Frage gestellt: Kann die oder der Einzelnen sich selbst überhaupt erkennen, geschweige denn andere Persönlichkeiten? Verlangen wir nicht immer viel zu viel mit dem, was wir auf das Gegenüber projizieren? Ist es überhaupt möglich, eine andere Frau oder einen anderen Mann zu verstehen?
Da der Film keine vorschnellen Antworten gibt, bohren sich die Fragen dem Besucher ein. Und weil das auch die oft von Geheimnis geprägten Bilder der Filmerzählung tun, kriegt man „Looping“ noch lange nach dem Kinobesuch nicht aus dem Kopf.
Peter Claus
Bilder: © Salzgeber
Looping, von Leonie Krippendorff (Deutschland 2015)
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