Launig. Das Attribut fällt einem angesichts dieser Komödie mit Hintersinn als erstes ein. Doch es greift ein wenig zu kurz. Das Spielfilmdebüt von Regisseurin (und Drehbuch-Mitautorin) Bernadette Knoller ist mehr.
Erzählt wird von Vivian (Britta Hammelstein). Die angehende Staatsanwältin muss raus aus dem Einerlei ihres doch schon recht weit eingerichteten Alltags. Erst flieht sie zu Mama und Papa unter die Sofadecke, dann auf eine Nordseeinsel. Aber so weit sie auch wegläuft, ganz klar, die Probleme trägt sie in sich und also immer mit sich herum.
Kluge Dialoge, die wie aus dem Leben wirken, schöne Charakterbilder, die den Figuren Geheimnisse lassen, eine überraschende Geschichte, die durchweg wahrhaftig wirkt, weil der Ernst immer hinter allem Jux und aller Dollerei zu spüren ist – das sind wesentliche Pluspunkte, die für die unterhaltsame, rhythmisch fein austarierte Erzählung sprechen. Dazu kommen die pointierten schauspielerischen Leistungen von, allen voran, der Hauptdarstellerin Britta Hammelstein, Detlev Buck als Vivians besorgtem Vater, Inga Busch als flippiger Biene, eine neue Freundin von Vivian, und Jerome Hirthammer (demnächst zu bewundern in Fatih Akins „Tschick“) als Bienes etwa sechzehnjähriger Sohn Eric. Besetzungscoup: Ferdinand von Schirach, der Jurist, der Autor, als Otto. Der betreibt einen Kramladen auf der Insel. Und in diesem kleinen Laden spiegeln sich alle Wonne und aller Schmerz der großen weiten Welt.
Bernadette Knoller unterhält mit Charme und Intelligenz und mit Originalität. Dabei wirkt nichts und niemand verkrampft. Die junge Frau hat zweifellos Talent. Mag sein, sie hat einiges vom Herrn Papa gelernt, Detlev Buck. Ganz sicher hat sie viele Filme studiert. Als Zuschauer fällt einem zum Beispiel Jacques Tatis „Die Ferien des Monsieur Hulot“ ein. Nein, dessen Genialität hat Bernadette Knollers Debüt nicht. Aber sie kommt dem legendären Film aus den 1950er Jahren erstaunlich nah, was die Skurrilität angeht, das Neben-der-Spur-sein der Figuren, die schön-schräge Sicht auf die kleinen und großen Tücken des bürgerlichen Alltags. Das ist alles andere als Klamotten-Kost der durchschnittlichen Art. Hut ab!
Peter Claus
Bilder: © Blikfilm GmbH
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