Doris Dörrie liebt’s gefühlvoll. In einigen ihrer Filme hat sie es mit den Emotionen doch etwas übertrieben. So kam einiges Süßliches von der Leinwand. Dafür gab’s Schelte. Doch sie hat den Mut, sich nicht beirren zu lassen. Allein das verdient Respekt. Und dieses Mal mehr. Denn ihr neuer Film ist, was die Gefühle angeht, klug austariert, hat zudem eine überzeugende Story und punktet mit gutem Schauspiel.
Erzählt wird von Marie (Rosalie Thomass). Sie reist für die Organisation „Clowns4Help“ nach Japan, in das Gebiet von Fukushima. Die junge Frau will helfen, die Not nach der Atomkatastrophe von 2011 zu lindern. Doch der Plan erweist sich letztlich als ein nicht in die Realität umzusetzender Traum. Denn Marie erweist sich als absolut ungeeignet für die Aufgabe. Doch sie bleibt. Denn die hochbetagte Satomi (Kaori Momoi), die letzte Geisha von Fukushima, hat es ihr angetan. Sie will ihr helfen, ihr altes, verfallenes Haus wieder aufzubauen.
Die originelle Geschichte verdichtet sich zu einem wirkungsvollen Nachdenken darüber, wie schwer es sein kann, die Schatten der Vergangenheit abzuschütteln. Das mutet nie kitschig an, nie aufgesetzt, nie konstruiert, auch wenn einige Szenen um Geister, die Satomi heimsuchen, nicht jedermanns Geschmack sein dürften. Wiewohl selbst die von Doris Dörrie geschmackssicher inszeniert worden sind. Dazu begeistern die beiden Hauptdarstellerinnen. Kaori Momoi strahlt eine Würde aus, die sofort für die von ihr verkörperte Figur einnimmt. Rosalie Thomass gelingt es, die Zuschauer sozusagen an der Hand zu nehmen, sich dabei aber nicht anzubiedern und der jungen Frau etliche Ecken und Kanten zu lassen. Wie schon in “ Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ (2012) und in „Taxi“ (2015) besticht sie mit einer Darstellung, in der kraftvolle Ausstrahlung und zarte Erscheinung reizvoll zueinander finden. Zweifellos gehört die Endzwanzigerin zu den talentiertesten deutschen Schauspielerinnen ihrer Generation. Es ist zu hoffen, dass sie nach dem überzeugenden Spiel unter der Regie von Doris Dörrie weitere gute Aufgaben erhält.
Peter Claus
© Majestic Filmverleih
Grüße aus Fukushima, von Doris Dörrie (Deutschland 2016)
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