Winter 2013/ 2014: der Maidan-Platz in Kiew. Hier werden die Proteste der Ukrainer gegen das Regime des Präsidenten Wiktor Janukowytsch zu einer Massenbewegung. Es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen. Schließlich aber haben die Demonstranten Erfolg: Janukowytsch wird entmachtet. Die Medien weltweit haben berichtet.
Die Dokumentation geht weit über das hinaus, was im Fernsehen, in Zeitungen und im Internet zu sehen, was im Radio zu hören war. Loznitsa schaut auf Details, kommt Protagonisten ganz nah. Aber er idealisiert nicht, indem er etwa so was wie Helden zeigt. Der Blick aufs Kleine richtet sich geschickt aufs Große. Die Handkamera schafft dabei eine fast schmerzliche Nähe. Man ist als Zuschauer wirklich mittendrin. Und droht auch, verloren zu gehen. Das Blut, das fließt, tut einem weh. bleibtMan aufmerksam – der Film ist ein wirkliches Zeit-Dokument. Da stellen sich einem auch viele Fragen, gerade im Rückblick, jetzt, Sommer 2015, wenn auch extrem reaktionäre, nationalistische Töne zu hören sind. Revolutionen, auch wenn von den Geschichtsschreibern gern heroisiert, haben nun mal viele Seiten und Aspekte. Man sieht hier also auch die ersten Schritte Richtung Bürgerkrieg. Ein Film für ein Publikum mit wachem Verstand. Kein Propaganda-Epos. Überaus aufschlussreich.
Peter Claus
Bilder: © Studio
Maidan, von Sergej Loznitsa (Ukraine / Niederlande 2014)
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