Konservative Politiker in den USA zeichnen mehr und mehr das Schreckensbild des verantwortungslosen Schnüfflers, von Journalisten, die angeblich gegen die Demokratie arbeiten, indem sie Geheimnisse aus den Chefetagen der Macht an die Öffentlichkeit bringen. Hollywood hat oft das Bild des Journalisten als Hüter der Ordnung gezeichnet. Am bekanntesten ist sicher nach wie vor „All the President’s Men“ („DieUnbestechlichen“) aus dem Jahr 1976. Jetzt – die Fahnen wehen im Wind – wird gern auch von den bösen Medien-Männern und Frauen berichtet.
Soviel allerdings gleich vorweg: Dieser Thriller verfällt nicht in wütendes Gekläff wider aufklärerischen Journalismus. Allerdings dürfte das subtil gezeichnete Porträt eines Zeitungsmannes auf Abwegen gerade in den USA durchaus auch seine Wirkung im Sinne der Konservativen haben. Der Journalist, der hier im Zentrum steht, heißt Michael Finkel. Er gilt als Edelfeder der „New York Times“. Doch er gerät ins Trudeln. Denn es kommt heraus, dass er um wirkungsvoller Effekte willen gern mal die Fakten verdreht. Er wird also als Mann eingeführt, der um seiner Karrieren Willen auch Schleichwege benutzt, und der es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt. Ausgerechnet es wird in den Fall eines Mannes verwickelt, der seine Familie ermordet hat. Der, Christian Longo, bietet dem Journalisten exklusive Informationen an. Doch wie hält er es mit der Wahrheit? Finkel sollte allein deshalb auf der Hut sein, weil sich der Verhaftete den Behörden gegenüber zunächst als „Journalist Michael Finkel von der ‚New York Times’“ ausgegeben hat. Doch der echte Finkdel lässt alle Vorsicht fahren. Er hat Blut geleckt und wird mehr und mehr von dem Mann mit den vermutlich schmutzigen Händen in den Bann ziehen …
Der auf einem autobiographischen Buch des wirklichen Michael Finkel basierende Film setzt ganz auf den psychischen und damit vor allem auch intellektuellen Clinch von Finkel und Longo. Über weite Strecken ist das ein Kammerspiel, dominiert von den Schauspielern Jonah Hill als Journalist und James Franco als Mann im Knast. Jonah Hill beweist, dass er die „Oscar“-Nominierungen für seine Darstellungen in „Moneyball“ und „The Wolf of Wall Street“ zu Recht bekommen hat. Er empfiehlt sich ausdrücklich als „Oscar“-Kandidat für die nächste Verleihung in der Kategorie „bester männlicher Hauptdarsteller“. James Franco hingegen qualifiziert sich allenfalls als Kandidat für die Goldene Himbeere. Wo Hill flirrend und mit nervöser Anspannung einen von Karrieresucht und Eigenliebe Getriebenen facettenreich vorführt, zeigt er eindimensional und ausdrucksschwach einen Mann ohne Eigenschaften, dem alles und nichts zuzutrauen ist, dessen Präsenz so gering ist, dass man den von ihm gespielten Kerl nicht wirklich interessant findet.
Wahrheit und Lüge, Schuld und Unschuld, Moral und Arbeitsethos – das sind die entscheidenden Stichworte, um die herum Autor und Regisseur Rupert Goold die Story seines ersten abendfüllenden Spielfilms arrangiert hat. In den Szenen, die Jonah Hill gehören, entsteht dabei eine große Spannung, rückt doch da die Frage nach der Verantwortung von Journalisten für ihre Arbeit ins Zentrum. Und schon lauert da die Grundsatzfrage, ob es nicht das Klügste ist, Medienvertretern a priori zu misstrauen. Und nicht nur das kommt einem in den Sinn. Man stößt rasch auf die Frage, die jeden in jedem Beruf angeht: Darf die scheinbar kleine Wahrheit eines Einzelnen zugunsten der angeblich großen Wahrheit gebeugt werden?
Peter Claus
Bilder: Fox
True Story – Spiel um Macht, von Rupert Goold (USA 2015)
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