Der deutsche Verleihtitel führt in die Irre: Hier ist keine Seifenoper zu erwarten!
Die Story setzt Anfang der 1980er Jahre ein: Eric (Colin Firth) ist offenkundig ein enormer Eisenbahn-Fan. Der Schotte weiß alles zum Thema, kennt etwa die Fahrpläne in ganz England auswendig. Krankenschwester Patricia (Nicole Kidman), die ihn während einer Zugfahrt kennenlernt, ist beeindruckt. Und mehr: Sie verliebt sich in den Kauz. Das Paar heiratet. Doch mit einem happy end hat das nichts zu tun. Es ist der Anfang einer Reise in dunkles Leiden. Eric ist vermeintlich psychisch krank. Alpträume quälen ihn. Aber er schweigt. Erst über seinen Freund Finlay (Stellan Skarsgard) bekommt Patricia eine Ahnung, was dahinter steckt. Es sind Erlebnisse, die vier Jahrzehnte zurückliegen. Eric (in jungen Jahren von Jeremy Irvine verkörpert,) war in japanische Kriegsgefangenschaft geraten und gehörte zu jenen, die unter unmenschlichen Bedingungen die Thailand-Burma-Eisenbahn bauen mussten. Tausende Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter kamen dabei um. Eric hat überlebt. Aber ein unbeschwertes Leben ist ihm nicht möglich.
Regisseur Jonathan Teplitzky, dessen Film sich am autobiographischen Buch von Eric Lomax orientiert, erzählt ein üppiges Drama, ästhetisch ganz Hollywood verpflichtet. Dabei gelingt es ihm mit erstaunlicher Dichte, vom Leiden Erics, von seinem Trauma, zu berichten. Leider lässt er sich anfangs ein wenig zu viel Zeit für die Einführung der Figuren. Erst im zweiten Teil wird es wirklich spannend. Dafür gibt es ein grandioses Finale, wenn Eric schließlich wortwörtlich in die Vergangenheit reist und einem seiner ehemaligen Peiniger (Hiroyuki Sanada) wiederbegegnet. Da reift der Film zu großem Kino.
Colin Firth und Nicole Kidman haben sehr intensive Momente, auch im etwas zähen ersten Teil. Sie fesseln das Publikum mit reifen Charakterstudien. Kitsch hat keine Chance. Beide treffen immer den richtigen Ton. Das ist wirklich Schauspielkunst. Und wenn – wie nebenbei – über Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Miteinanders von Menschen unterschiedlicher Kulturen und verschiedenen Glaubens nachgedacht wird, darüber, wie der Einzelne innerhalb vorgegebener gesellschaftlicher Machtstrukturen seine Würde bewahren kann, gibt der Film wohl jedem einiges für den eigenen Lebensweg mit.
Peter Claus
Fotos: Koch Media (Studiocanal)
Die Liebe seines Lebens – The Railway Man, von Jonathan Teplitzky (Australien/ Großbritannien/ Schweiz 2013)
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