Kunstraub der Nazis als Thema eines unterhaltsamen Spielfilms? Man befürchtet Kitsch. Erfreulicherweise bleibt der hier weitestgehend außen vor. Nur gegen Ende wird’s denn doch mal heftig sentimental. Was aber die Wirksamkeit des Films nicht mindert.
Hinter der Filmstory stehen Tatsachen. Ausgangspunkt ist die Enteignung und Vertreibung der jüdischen Familie Bloch 1938 aus Wien. Die eigentliche Handlung spielt Jahrzehnte später: Maria Altmann (Helen Mirren), die Tochter von Gustav Bloch (Allan Corduner) fordert etwa ein halbes Jahrhundert später Gerechtigkeit. Sie möchte das Gemälde „Adele Bloch-Bauer I“, bekannt auch als „Goldene Adele“, zurück. Das wertvolle Bild, eines der bekanntesten aus der Zeit des Jugendstils, zeigt ihre Tante (Antje Traue). Maria Altmann sucht Hilfe bei Anwalt Randol Schoenberg (Ryan Reynolds). Er kann einen Prozess um das Bild des berühmten Gustav Klimt (Moritz Bleibtreu) anstoßen. Doch die Wiener wollen das durch den Nazi-Raub in ihren Besitz gelangte Kunstwerk, ein Schmuckstück im Schloss Belvedere, nicht herausgeben. Maria Altmann aber kämpft …
Zum Hintergrund: Der österreichische Journalist Hubertus Czernin (im Film von Daniel Brühl verkörpert) brachte den Skandal um die von Hitlers Schergen gestohlenen Bilder Gustav Klimts an die Öffentlichkeit. Die Folge war eine Reihe von juristischen Auseinandersetzungen mit der Republik Österreich um die Rückgabe von Kunstwerken. Der Film nutzt die Vorgaben der Realität um die Geschichte einer standhaften Frau zu erzählen. Und diese Geschichte ist stark, sehr stark, drängt aber die Auseinandersetzung mit dem Thema „Raubgut“ nicht ins Abseits des Interesses.
Ganz klar: Hauptdarstellerin Helen Mirren drückt dem Film ihren Stempel auf. Sie zeigt Maria als charakter- und willensstarke Frau. Und sie zeigt sie als Frau mit schöner Selbstironie. Damit werden manch komische Momente heraufbeschworen, was die Erzählung leichter (auch leichter zu verdauen) macht. Doch das Eigentliche, der Kampf um das Bild und damit um ein wenig Gerechtigkeit, gerät nicht aus dem Blickfeld. Neben Helen Mirren bestehen Ryan Reynolds und Daniel Brühl in wichtigen Rollen. Ja, es wird Unterhaltung geboten. Mit Klugheit. Wie etwa in „Philomena“ oder in „Billy Elliott – I wall Dance“ gelingt es, Anspruch und Amüsement bestens miteinander zu verbinden. Man geht nicht verblendet aus dem Kino, sondern behält im Sinn, dass es eine Illusion ist, zu glauben, man könne die Schrecken der Nazizeit aus dem kollektiven Gedächtnis streichen.
Peter Claus
Bilder: SquareOne
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