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Kino? Bildende Kunst? Politisches Pamphlet? Selbstbespiegelung? – Bei Lav Diaz sind Einordnungen kaum möglich. Nicht nur das macht seine Filme so aufregend.

Im Zentrum der vordergründigen Fabel steht der des Lebens müde Fabian (Sid Lucero). Anarchismus und Nihilismus sind seine Lebensprinzipien. Behauptet er. Nietzsche beansprucht er als Helden. Doch in Wahrheit ist er einfach nur ein brügerlicher Miesepeter, der nicht genug Geld hat, um seinen aufwändigen Lebensstil zu pflegen. Er macht Schulden. Schließlich begeht er einen Mord. Doch ein anderer wird an seiner statt für den Täter gehalten. Was dessen Familie in Not treibt. Und Fabian? Die Antwort auf diese Frage sollte jeder, der aufrüttelnd anderes Kino mag, selbst herausfinden.

Der Film überrascht nicht nur damit, dass da ein Mensch scheinbar mühelos schweben kann und man sich kein bisschen wundert. Er überrascht vor allem mit der Leichtigkeit, die einen beim Zuschauen anweht. Vier Stunden Leichtigkeit? Bei Lav Diaz ist das möglich. Denn er kümmert sich nicht um traditionelle Erzählmuster, sondern folgt ganz dem Rhythmus, den das (gespielte!) Leben der Protagonisten vorgibt. Das ist derart überzeugend, dass man als Zuschauer einer anderen Kultur plötzlich zum Mitspieler wird. Faszinierend!

Peter Claus

Norte, the End of History, von Lav Diaz (Philippinen 2014)

Bilder: Grandfilm