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Edward Berger gehört zu den besten TV-Regisseuren hierzulande. Nach elf Jahren Kino-Pause kam er mit diesem Film zur Berlinale – und erntete viel Beifall. Leider hat die Jury den Film übersehen. Allerdings hat sie ja ohnehin allein mit überaus seltsamen Entscheidungen überrascht.

Berger, selbst Vater, erzählt vom zehnjährigen Jack (Ivo Pietzcker). Der muss tagtäglich für sich und den kleinen Bruder (Georg Arms) seinen Mann stehen. Denn die Mutter (Luise Heyer) ist völlig überfordert. Durch einen häuslichen Unfall wird das Jugendamt alarmiert. Jack landet im Heim. Der Alltag dort ist auch kein Zuckerschlecken. Eines Tages haut Jack ab. Doch er kann seine Mutter nirgendwo finden. Dafür entdeckt er seinen Bruder bei einer Bekannten. Fest jack_320an die Liebe seiner Mutter glaubend, begibt er sich mit dem Kleinen auf die Suche nach ihr. Die Tour geht einmal quer durch Berlin. Am Ende steht eine verstörende Erkenntnis

Edward Berger hat das Drehbuch zusammen mit Nele Mueller-Stöfen geschrieben. Konsequent erzählen sie mit Blick auf Jack. Diese Konsequenz sorgt für den entscheidenden Sog der Erzählung. Verstärkt wird er durch einen dokumentarisch wirkenden Grundton. Man wähnt sich als Zuschauer schnell an der Seite des Kindes. Ivo Pietzcker, nach langer Suche gefunden, überzeugt nicht nur, er nimmt sofort für sich ein, ohne Kindertümelei, ohne eine offensichtliche Charmeoffensive. Da ist man denn auch ganz an der Seite von Jack, wenn er am Ende eine harte Entscheidung trifft.

Nirgends Klischees, nie auch nur eine ansatzweise Denunziation einer Figur, selbst die Mutter wird ganz unaufgeregt charakterisiert. Sie wird nicht als Monster gezeigt, sondern als junge Frau, die ihre Lust auf Vergnügen und ihre Pflicht zur Verantwortung nicht zusammen bekommt. So ist das Leben. Der Film spiegelt es mit einer von Kamera, Schauspiel und Inszenierung beeindruckenden künstlerischen Dichte.

Peter Claus

Jack, von Edward Berger (Deutschland 2014)

Bilder: Camino