Katja Riemann ist, das ist nicht neu, eine exzellente Schauspielerin. In diesem Film beweist sie das allerdings mit einer Intensität, dass man nur den Hut ziehen kann – und sich wünscht, mehr Drehbuchautoren und Regisseure als derzeit auszumachen nutzten die Power dieses deutschen Filmstars!
Am Anfang, noch vor dem Vorspann, gibt es einen Moment, da Katja Riemann stumm auf einem Platz steht, die Kamera kommt ihr nicht sehr nah, das Licht ist geradezu grell. Sie steht nur da. Doch das tut sie mit einer Präsenz, die einen auf ihren nächsten Auftritt lauern lässt. Der zeigt sie, man muss ein wenig warten, nach einer medizinischen Untersuchung. Wir sehen sie vor allem von hinten. Sie reagiert erst nicht auf Rufen, dann bricht sie zusammen. Schon wissen wir: diese Frau, Rosa, ist schwer krank. Und wir ahnen, dass die Rosa, die wir zuvor gesehen haben, wohlmöglich nicht real ist. In der nächsten Szene dann, in einem anderen Zusammenhang, ein Lachen der Riemann. Kurz ist das, laut, und es lässt einen die Bedrohung nicht vergessen. So toll das gespielt ist, so klug ist es inszeniert.
Dies ist ein Film, in dem sich einige Geschichten von den Wirren des Lebens und Liebens kreuzen. Schön ist, dass hier nicht unentwegt geredet wird, nicht alle Konflikte ausgedeutet werden, keine glatten 08/15-Bilder auf einen einstürmen. Regisseur Alexandre Powelz hat mit der notwendigen Behutsamkeit inszeniert, scheut dabei aber nicht vor kräftigen Akzenten zurück. Und er vertraut seinen Akteuren, allen voran Katja Riemann. Sie verkörpert die todkranke Hebamme Rosa mit zu Herzen gehender emotionaler Stärke, die nie ins Sentimentale abgleitet. Riemann hat dafür alle Filmpreise, die es hierzulande gibt, verdient! Dem Film selbst gebührt eine große Aufmerksamkeit. In der Reihe von jüngeren Spielfilmen zum Thema Sterben – und Angrenzendes, wie Fragen zur Hilfe zum Suizid – nimmt dieses Drama einen herausragenden Platz ein, sowohl, was die erzählte Geschichte angeht, als auch deren Umsetzung. Wer gutes Kino mag, sollte diesen Film nicht versäumen!
Peter Claus
Ohne Dich, von Alexandre Powelz (Deutschland 2014)
Bilder: Camino
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