Die Zahl der Spielfilme zum Thema Erwachsenwerden ist enorm. Da überrascht es, einen wirklich originellen und packenden zu sehen.
Die Geschichte führt in die 1990er Jahre, in Georgien. Eka (Lika Babluani) und Natia (Mariam Bokeria), jung und naiv, sind beste Freundinnen. Die Jugendlichen wollen Spaß, ärgern sich über „die Alten“, finden die Schule nervig. Doch die Zwei eint auch, dass sie jeweils in sehr schwierigen familiären Verhältnissen leben. Halt finden sie im Grunde nur aneinander. Doch wird das reichen, um sich aus einer Spirale der Gewalt zu befreien, die aus uralten Vorurteilen erwächst, Vorurteile, nach denen die Frau dem Manne zu gehorchen, sich immer und überall den Verhältnissen unterzuordnen habe?
Das georgisch-deutsche Ehepaar Nana Ekvtimishvili und Simon Groß legt ein wuchtiges Spielfilm-Debüt vor. Die Wucht erwächst aus der Schönheit der visuellen Gestaltung und daraus, dass es kaum Wertungen gibt. Die Schwere des Daseins wird dabei erstaunlich leichtfüßig reflektiert. Nein, ein effektvolles Drama wird nicht geboten. Erstaunlich lange wird verblüffend leise erzählt. Genau das ist von enormer Wirkung. Das Gesellschaftspanorama wirkt dadurch nie überzogen, und man kann sich als Filmbesucher, der man in einer anderen Kultur lebt, sehr schnell in die Figuren hineindenken, kommt ihnen so sehr nah. Es ist als würde man ganz zufällig Zeuge des Geschehens werden – und ist absolut außerstande, sich abzuwenden.
Peter Claus
Die langen hellen Tage, von Nana Ekvtimishvili, Simon Groß (Georgien/ Deutschland/ Frankreich 2014)
Bilder: BeMovie
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