Der Kanadier Xavier Dolan ist grad mal 25, kann aber schon auf einige Erfolge zurückblicken. Das brachte ihm das Etikett des „Wunderkinds“ ein. Die damit verbundenen Erwartungen erfüllt er mit diesem Thriller bestens.
Es geht um die mörderischen Folgen von Lug und Trug in der Liebe. Der im Vorjahr auf dem Filmfestival Venedig ausgezeichnete Film kreist um Begehren und Abwehr, Verlangen und Trieb, Zuneigung und Verrat. Entscheidend dabei ist die schier ungeheuerliche erotische Spannung.
Die Story beginnt simpel: Tom (Xavier Dolan), ein junger Städter, kommt zur Beerdigung seines Liebsten aufs Land. Erstaunt muss er feststellen, dass ihn nicht nur niemand erwartet, sondern dass die Mutter (Lise Roy) seines toten Gefährten Guillaume nichts davon weiß, dass ihr Sohn schwul war. Dessen Bruder Francis (Pierre-Yves Cardinal) will obendrein, dass sich daran nichts ändert. Und er will Tom. Heimlich, unheimlich. Es muss also zu Konflikten kommen…
Von Szene zu Szene dreht Dolan die Spannungsschraube an. Dabei vertraut er auf die Vorstellungskraft der Zuschauer. Fast nichts wird wirklich gezeigt. Andeutungen sind alles. Doch im Kopf der Betrachter rast es. Da gibt es zum Beispiel eine Szene, in der es den Anschein hat, Francis wolle Tom erwürgen. Doch bald schon wird ganz, ganz anderes deutlich… Und dann gibt es da einen Tango in einer Scheune… Momente, wie diese, sorgen dafür, dass die Theaterverfilmung einen wirklich an den Nerven zerrenden Thrill aufbaut.
Xavier Dolans Inszenierung ist ausgeklügelt, wirkt jedoch nie konstruiert oder aufgesetzt. Alles fließt, alles gleitet. Nichts da mit enormen visuellen Effekten oder akustischer Wucht. Verführt wird hier allein mit der Phantasie des Publikums. Und die ist in der Regel nun mal mindestens schmuddelig.
Peter Claus
Sag nicht, wer Du bist!, von Xavier Dolan (Kanada/ Frankreich 2013)
Bilder: Kool
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar