Eine Entdeckung: Vivian Maier, Fotografin. Über Jahrzehnte hat sie Alltag beobachtet und fotografiert. Chicago vor allem hatte sie im Blick, auch New York City. Den Blick richtet diese Dokumentation nun auf sie – und zeigt eine außergewöhnliche Persönlichkeit.
Am Anfang steht die Frage, warum Vivian Maier ihre Leidenschaft mit niemandem geteilt hat. Der Schatz ihrer Fotos wurde erst nach ihrem Tod gehoben. Wer war sie? Was trieb sie an? Das Regie-Team sucht Antworten auf Fragen wie diese.
Der in der Sektion Panorama der diesjährigen Berlinale gefeierte Film packt einen mit dem insbesondere durch vielsagende Zeugenberichte untermauerten Porträt einer Frau mit vielen Ecken und Kanten. Maier, 2009 hoch betagt, vermutlich entsetzlich einsam, verstorben, verdingte sich als Kindermädchen bzw. Tagesmutter, schenkte ihren Schützlingen wohl viel Wärme, war aber offenbar zu tiefen (dann eben auch verpflichtenden) Emotionen, gar Bindungen, nicht in der Lage. Es stellt sich der Eindruck ein, dass die Fotos von Menschen ihr wichtiger waren als die Menschen selbst. Fotos fordern nichts.
Statt einem Zuviel an Spekulation vermittelt der Film jedoch über die Fotos von Vivian Maier ein packendes Bild vom Leben in den USA des letzten vergangenen halben Jahrhunderts. Die Recherchen zur Person der Fotografin, fast mit Krimispannung reflektiert, unterstützen das effektvoll. Wirklich Krimispannung hat das, was die Filmemacher über das Leben der eigenartigen Frau herausgefunden haben bzw., wie sie versuchen, darüber etwas zu erfahren. Sie scheitern dabei, was filmisch grandios umgesetzt ist. Vivian Maier bleibt ungreifbar. Ihre Fotos aber werden inzwischen in aller Welt gefeiert.
Peter Claus
Finding Vivian Maier, von Charlie Siskel und John Maloof (USA 2013)
Bilder: NFP
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