Arthur Schnitzlers Novelle erschien 1924. Man erschrickt, dass sich die Welt in 90 Jahren nicht wirklich weiter gedreht hat. Kein Wunder allerdings, wenn der Mammon das Zentrum markiert.
Die Story, ein wenig abgewandelt in Details (in der Novelle beispielsweise ist Else in Italien), funktioniert nur allzu gut in der Gegenwart: reiche Nichtstuer langweilen sich in einem Luxushotel in Indien. Darunter die Titelfigur, Fräulein Else (Korinna Krauss). Per Brief erfährt sie, dass ihr Papa sich in die Pleite verspekuliert hat. Nur Geld von einem Gönner könnte helfen. Was heißt: Else soll sich an einen Kerl mit Knete verkaufen.
Wird sie? Wird sie nicht? Und was empfindet sie bei all dem? Schnitzlers fein gewobenes psychologisches Netz wirkt hier zwar stark vergröbert, doch fangen die Akteure das auf. Nicht ganz geglückt allerdings ist der Versuch, die Sprache Schnitzlers zu übernehmen. Hier hätte es ruhig salopper zugehen können, zupackender.
Auffallend: Wo Regisseur Paul Czinner 1929 die damals umjubelte Star-Schauspielerin Elisabeth Bergner romantisierend als zartes, fast elfengleiches Wesen stilisierte, geben Anna Martinez und ihre Interpretin Korinna Krauss der Figur auch etwas Durchtriebenes. Fräulein Else ist also in vielfacher Hinsicht im Hier und Heute angekommen.
Peter Claus
Fräulein Else, von Anna Martinetz (Deutschland / Österreich / Indien 2013)
Bilder:Martinetz (One Filmverleih)
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