Mitgift – ein doppeldeutiges Wort. Der Titel nutzt die Doppeldeutigkeit. Es geht um die Mitgift, die von der DDR zur Wiedervereinigung beigesteuert wurde, und die war mit Gift.
Die Dokumentation hat einen privaten Ausgangspunkt: Nach dem Fall der Mauer will der bundesdeutsche Filmemacher Roland Blum einmal den berühmten Schwebenden Engel von Ernst Barlach an dem Ort sehen, für den er geschaffen worden ist, im Güstrower Dom. Auf der Reise dorthin und wieder zurück stößt Blum unentwegt auf Umweltsünden, die von der untergehenden DDR hinterlassen werden. Er beginnt zu filmen. So stammen die ersten Bilder der Doku aus dem Jahr 1990. Roland Blum auf dem Brocken, in Bitterfeld und an der Ostseeküste. Er geht ins Atomkraftwerk Lubmin, das noch im selben Jahr abgeschaltet wird, zeigt von Abgasen zerfressene Fassaden in Dresden, besucht einen von den Anwohnern zynisch „Silbersee“ genannten Tümpel, in den Chemieabfälle aus Bitterfeld geflutet werden. Besonders beeindrucken Roland Blums Begegnungen mit Menschen. Hilflosigkeit und Resignation sind spürbar, gelegentlich auch eine kämpferische Haltung.
2010 und 2013 fährt Blum erneut an die gleichen Orte und spricht wieder mit einigen der Menschen, die er schon einmal getroffen hat. Dabei bleibt der Film ganz unaufgeregt, sachlich. Das laute Klagen, das Anklagen der Umweltsünden der DDR, bleibt aus. Der Fokus liegt auf den Veränderungen bzw. auf den Möglichkeiten des Veränderns. Dabei behauptet der Film nicht, dass inzwischen alles bestens sei. Blum lässt die notwendigen Fragezeichen deutlich stehen. daraus resultiert ein Großteil der starken Wirkung seiner Langzeitdokumentation.
Peter Claus
Mitgift, von Roland Blum (Deutschland 2014)
Bilder: Film Kino Text
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