Auch wenn die Jury des diesjährigen Festivals um den Max Ophüls Preis im Januar in Saarbrücken an dem Film vorbei gegangen ist (die Auszeichnung der Hauptdarstellerin als beste Aktrice des Festivals geht auf das Konto der Festivalleitung!), dies war einer der wichtigsten und besten Beiträge des diesjährigen Ophüls-Jahrgangs.
Es geht um Suizid. Eine sehr junge Frau leidet seit Jahren an Mukoviszidose – und sie kann und will nicht mehr. Ein Verein in der Schweiz eröffnet ihr die Möglichkeit, den Plan der Selbsttötung in die Tat umzusetzen. Ganz sicher, dass es einfach sein wird, fährt sie los. Doch – natürlich – es wird alles andere als leicht, und das nicht nur, weil die Familie entsetzt ist, Freunde fassungslos sind…
Wie leicht könnte diese Geschichte in Kitsch ertrinken. Das passiert nicht. Das ausgefeilte Drehbuch und die ganz auf Understatement setzende Regie bewahren davor. Die Inszenierung von Frederik Steiner, der hiermit sein Debüt als Kino-Langspielfilm-Regisseur gibt, verzichtet erfreulicherweise auf Effekthascherei, auf Unnötig-Grelles, auf Tränenreichtum. Er beobachtet die Figuren, lässt dabei erfreulich viele Fragen offen, und erklärt nie auch nur irgendetwas. So gibt es denn auch komische Momente, die sehr erfrischend sind, dabei nie schenkelklopfend laut. Und er hat seine Schauspielerinnen klug geführt, allen voran Liv Lisa Fries in der Hauptrolle der 22-jährigen Lea, Sophie Rogall als deren Schwester Rita und Lena Stolze als Mutter der Zwei. Die Drei dürfen Wut zeigen und Zorn, Schmerz, Trauer, Angst, Unsicherheit. Die Szenen, in denen sie angieren, sind nie ausgewalzt, lassen aber genug Zeit zum Sich-Ausspielen. Schade, dass es gelegentlich etwa zu viel illustrierende Musik gibt. Die ist nicht nötig. Aber sie macht den Film auch nicht kaputt.
Es wird kein schönes Thema erzählt, am Ende gibt es auch keinen Trost mit auf den Nachhauseweg. Aber es gibt nach einer starken Reise an der Seite einer mutigen Kämpferin und anderer spannender Charaktere jede Menge Stoff zum Nachdenken. – Wer’s anspruchsvoll mag, sollte den Film auf keinen Fall versäumen.
Peter Claus
Und morgen Mittag bin ich tot, von Frederik Steiner (Deutschland 2013)
Bilder: Universum Film (24 Bilder)
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