Im Mai in Cannes herrschte weithin Entzücken, auch hierzulande gibt’s jetzt jede Menge Zuneigung zum neuen Film der Coen-Brüder. Berühmt geworden sind sie einst mit scharf-satirischen Gesellschaftspanoramen. Diesmal geben sie sich jedoch eher melancholisch.
Von Tatsachen angeregt blicken sie auf den Alltag eines Folkmusikers Anfang der 1960er Jahre in den USA. Er gehört nicht zu denen mit dem ganz großen Erfolg. Llewyn Davis ist nicht zum Star geboren. Er gehört in die zweite Reihe, vielleicht gar in die dritte. Am Anfang des Film wird er auf einem Hinterhof in New York zusammengeschlagen. Am Ende erfahren wir, warum. Dazwischen: eine große Rückblende. Sie beleuchtet gescheiterte Liebes- und Karriereversuche. Eine Reise nach Chicago wird dabei keineswegs zur Reise ins eigene Ich. Der Typ hat einfach nicht genug Grips, um mal wirklich über sich nachzudenken.
Llewyn Davis (Oscar Isaac) ist ein bisschen kindisch, ein wenig nihilistisch und verdammt weinerlich. Er wirkt wie ein Abziehbild jener Figuren, die aus einigen 1950er-Jahre-Romanen und -Filmen bekannt sind. Alle Figuren haben etwas von Abziehbildern. Daran können auch die exzellenten Akteure, Carrey Mulligan, Justin Timberlake, F. Murray Abraham, John Goodman und Garrett Hedlund in den Nebenrollen, nichts ändern. Ja, die Atmosphäre, die erschaffen wird, ist von anheimelnder Düsternis. So schick sah Armut schon lang nicht mehr aus. Daran lässt’s sich im warmen Kino natürlich trefflich erwärmen. Doch was bleibt? Nicht mal ein Song, der im Ohr verharrt.
Peter Claus
Inside Llewyn Davis, von Joel und Ethan Coen (USA 2013)
Bilder: Studiocanal
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