Geschichten von Frauen, die als Männer leben, um zu überleben, sind in der Literatur und im Kino nicht unbedingt en masse zu finden, aber neu ist das Thema nicht. In der Regel wird dabei die sexuelle Ausrichtung der Hauptfigur übergangen. Das ist hier anders. Und genau das macht diese Geschichte besonders und lädt zum Kinobesuch ein.
Im Zentrum steht Albert Nobbs (Glenn Close). Er ist ein Kellner wie aus einem Bilderbuch des späten 19. Jahrhunderts. Im Hotel „Morrison’s“ in Dublin wird der hagere Mann hoch geschätzt. Nur: dieser Mann ist eine Frau. – Die Filmstory basiert auf einer 1918 veröffentlichten Kurzgeschichte des irischen Schriftstellers George Moore. Der aus Kolumbien stammende Rodrigo Garcia, in den USA durch den Fernsehserien-Hit „Die Sopranos“ als Regisseur bekannt, hat inszeniert. Schon 2012 gab es für Hauptdarstellerin Glenn Close eine „Oscar“-Nominierung (und zwei weitere Nominierungen für den Film). Der Film konzentriert sich auf das Thema „unterdrückte Sexualität“. Gleich zwei Begegnungen, einmal mit Page (Janet McTree), und einmal mit Helen (Mia Wasikowska), bringen Nobbs dazu, sich dem eigenen Körper zu stellen.
Glenn Close gehört zu den großen Charakterschauspielerinnen Hollywoods. Hier aber wirkt sie fast zu ambitioniert, zu kalkuliert. Die Seele des Mannes, der eine Frau ist, wird nie sichtbar. Aber erst das hätte aus dem zweifellos klug komponierten Kostümfilm ein packendes Drama machen können. Kein Wunder, dass es trotz der Zugkraft von Glenn Close derart lange gedauert hat, bis der Film in die deutschen Kinos gelangte. Ob er sich hier lange hält, darf bezweifelt werden. Denn das Versprechen, mit dem der Film lockt, wird nicht wirkungsvoll genug eingelöst.
Peter Claus
Albert Nobbs, von Rodrigo Garcia (USA 2011)
Bilder: Studiocanal
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