Besuch in einem Integrationskurs. Was passiert da? Welche Werte werden vermittelt? Wie sieht das Bild von Deutschland und den Deutschen aus, das dort entsteht? Ohne Kommentar wird eine Integrationsklasse fast ein Jahr lang begleitet. Man staunt, man wundert sich, man schüttelt den Kopf. Besonders spannend ist der wunderbar unprätentiöse Film immer dann, wenn er Gefühlen, etwa auch Ängsten, der Kursbesucher Raum und Zeit lässt. Aufregend daneben: die soziale Vielfalt, die deutlich wird. Da lernt der scheue Mann aus Bangladesh, der unentwegt Furcht vor Abschiebung haben muss, neben dem coolen Weltenbummler, der darüber nachdenkt, in Berlin eine Bar aufzumachen. Am Ende erwartet alle das „Zertifikat Deutsch“. Sie brauchen es für ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Es sagt, dass die Absolventen des Kurses Kenntnisse in der deutschen Sprache haben, im Rechtssystem, in Historie und in Kultur. Der Film zeigt: Über Deutschland hier und heute erfahren sie kaum etwas. Kein Wunder, wissen wir Deutschen doch selbst nicht gerade gut, was uns und unsere Heimat ausmacht.
Der Film bleibt übrigens nicht im Klassenzimmer. Einige Kurteilnehmer werden in ihrem persönlichen Umfeld besucht, etwa bei der Arbeitssuche begleitet. Da zeigt sich schnell, welchen Wert der Kurs hat. Spätestens dann ist einiges Schmunzeln angesagt. Ein Schmunzeln mit bitterem Klang. Da wird man denn als Zuschauer auch zum Kursteilnehmer.
Peter Claus
Werden Sie Deutscher, von Britt Beyer (Deutschland 2012)
Bilder: imFilm – Agentur + Verleih
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar