Zwei Männer, eine Nacht und viele Fragen. – Endlich mal wieder ein kleiner „schmutziger“ Film, der sich nicht um Konventionen schert.
Ilir (Guillaume Gouix) und Paulo (Matila Malliarakis) werden von der Liebe tatsächlich übermannt. Bei einer Nacht soll es nicht bleiben. Paulo verlässt sein früheres Leben samt Freundin für Ilir. Der aber landet hinter Gittern. Ein Glück ohne Ende ist also ausgeschlossen. Oder doch nicht?
Autor und Regisseur David Lambert erzählt keine 08/15-Story in seinem Spielfilmdebüt. Nicht nur die Konstellation ist bemerkenswert, sondern auch der Mut dazu, Lücken in der Erzählung zu lassen, nicht jede Situation zu erklären oder auch nur aufzulösen. Da bleibt vieles in der Schwebe – und ist darum äußerst reizvoll. Guillaume Gouix und Matila Malliarakis müssen als Hauptdarsteller zwar Klischees bedienen, was Rollenmuster betrifft, doch nicht, was das Denken und Fühlen im Schatten einer schmerzlichen Liebesgeschichte angeht. Das sorgt für Glaubwürdigkeit und eine Spannung, die nicht von Äußerlichkeiten bestimmt wird. Um die geht’s ja auch nicht. Es geht um Begehren, Gefühle, Treue, Verrat, Lust, Leidenschaft. Wird derlei im Kino oft in romantischen Bilderreigen reflektiert, mutet’s hier geradezu spartanisch zu. Die Optik ist fast grob, Nahaufnahmen sind bestimmend. Schade nur, dass die Erzählung zwischenzeitlich etwas durchhängt. Zum Finale aber wird’s wieder zwingend – und damit bezwingend.
Peter Claus
Jenseits der Mauern, von David Lambert (Frankreich/ Belgien/ Kanada 2012)
Bilder: Balthazar Productions
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12. April 2013 um 15:26 Uhr
dank an peter claus, der wie keiner der anderen kritiker „jenseits der mauern“ – meines erachtens – ganz und gar erfasst hat. weil er eben keine, die geschichte unglaubhaft erzählenden klischees eines supermarkt-coming-outs, keine „gefühlskälte“ und weitere „versatzstücke“ ausgemacht hat. ich bin froh über den film und claus‘ anmerkungen!