Doch, es geht immer noch zotiger als geglaubt. Diese Klamotte beweist es. Was erst mal eher abschreckend ist. Zum Finale hin jedoch bekommen Drehbuch, Regie und die Schauspieler noch die Kurve: plötzlich wird’s spannend, weil sich hinter allem vordergründigen Ulk die Abgründe einer Gesellschaft auftun, in der nichts als der Konsum zählt.
Star des Films ist Melissa McCarthy. 2012 ergatterte sie eine Oscarnominierung als Beste Nebendarstellerin für ihre Rolle der Megan im Überraschungshit „Brautalarm“, eine Klamotte, die bewies, dass Frauen genauso rumsauen können wie Männer. Melissa McCarthy, im US-Fernsehen als schrille Ulknudel längst eine Quotenkönigin, schaffte damit den Sprung ins Kino. Nun ist sie erstmals die Hauptdarstellerin.
Zunächst kommt sie als so etwas wie eine Florida-Variante von Cindy aus Marzahn rüber: derb, sich selbst veralbernd, auch ihren, nun ja, voluminösen Körper im Dauereinsatz haltend. Sie spielt eine absolut abgebrühte Betrügerin. Unter dem Namen Sandy Bigelow Patterson streut sie ganze Dollarfluten aus. Doch die Mäuse gehören ihr nicht. Sie hat den Namen von einem Bürotiger im fernen Denver (Jason Bateman) geklaut und bereichert sich durch Kreditkarten zu seinen Lasten. Und sie stellt noch viel mehr an. Das bringt Denver erstens um sein Eingemachtes und zweitens fast ins Gefängnis. Klar, dass er handeln muss. Er eilt also an die Westküste. Dort will er die freche Diebin stellen und nach Denver holen. Hat er sie dort, kann die Polizei zuschlagen und er wieder ruhig schlafen. Doch, klar, so einfach, wie er sich das vorstellt, ist es nicht.
Melissa McCarthy haut tatsächlich, anders lässt es sich nicht ausdrücken, voll auf die Kacke. Sie flucht, sie schlägt zu, und sie rast gegen sexuelle Tabus. Jason Bateman mutet neben ihr geradezu wie ein sanftes Häschen an. Und das ist nicht ohne Reiz. Als Komödianten-Team passen die Zwei ausgezeichnet zusammen. Das zahlt sich besonders gen Ende aus, wenn die Fäkalkomik und der Brachialhumor die Verlogenheit der Mehrzahl der ach so braven Bürger entlarven. Da wird’s dann richtig aufschlussreich. In einer Komödie lässt sich nun einmal jede Menge an Sozialkritik verstecken, und wenn’s in einem Haufen Scheiße ist.
Peter Claus
Voll abgezockt, von Seth Gordon (USA 2012)
Bilder: Universal
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