Vermögender Arzt Sebastian (Wolfram Koch) und bulgarische Putzfrau Jana (Bettina Stucky) geraten aneinander. Die Zwei verbindet nicht allein ein Arbeitsverhältnis. Da sind auch die halbwüchsigen Kinder. Die bereiten ihnen Sorgen. Woraufhin „die Alten“ zueinander finden müssen, ob sie wollen oder nicht. Das Problem: sie können nicht. Die kulturellen Unterschiede lassen eine kreative Kommunikation fast unmöglich erscheinen. Kein Wunder, dass es zu Spannungen kommt…
Nein, das ist kein Multikulti-Drama, auch keine Gutmenschen-Schmonzette. Die französische Regiedebütantin Sylvie Michel, Schülerin von Wim Wenders, interessiert sich nicht für Äußerlichkeiten. Schon in dem gemeinsam mit Melissa de Raaf und Razvan Radulescu entwickelten Drehbuch ist der Blick auf Gefühle, Empfindungen, Verhaltensmuster entscheidender.
Dem Titel des Films entsprechen die Inszenierung und das Schauspiel. Beides ist sehr fein. Der Blick des Zuschauers wird immer wieder auf das scheinbar Kleine gelenkt. Daraus erwächst eine erstaunlich große Spannung. Erfreulicherweise gaukelt der Film auch nicht vor, dass es ohne weiteres möglich ist, soziale und kulturelle Grenzen zu überwinden. Das ist von schöner Wahrhaftigkeit. Den Titel „Die feinen Unterschiede“ hat die Autorin-Regisseurin aus der Philosophie übernommen. Das Hauptwerk des französischen Soziologen Pierre Bourdieu heißt so. Schön, dass ihr Film dennoch nicht kopflastig-dozierend anmutet. Dafür sorgen zuförderst Bettina Stucky und Wolfram Koch in den Hauptrollen. Beide setzen auf die Wirkung kleiner Gesten, von Verzögerungen im Sprechen, fahrigen Bewegungen, die scheinbar unbeabsichtigt das sagen, was die Protagonisten nicht in Worte fassen können oder wollen. Sehr empfehlenswert!
Peter Claus
Die feinen Unterschiede, von Sylvie Michel (Deutschland 2013)
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