Seit einigen Jahren überschwemmen mehr oder weniger schwachsinnige Koch-Shows auch die deutsche Fernsehlandschaft. Leute mit Grips können sich da nur noch erbrechen. Die Chancen für eine Koch-Doku stehen also erst einmal nicht besonders günstig. Doch wer die Kunst des Kochens schätzt, sollte diesen Film unbedingt sehen.
Der Billig-Budenzauber des Üblichen wird hier nicht abgefackelt. Hier geht es nämlich um das Entscheidende, um die Menschen, die Kochen erst zur Kunst machen. Ihnen wird anhand der Geschichte eines Generationswechsels in einem Restaurant gehuldigt. Michel Bras reicht seine Küche an den Sohn, Sébastien, weiter. Das heißt als erstes: eine Philosophie muss weitergereicht werden. Handwerklich, klar, kann der Sohn dem Vater locker folgen. Doch auch im so wichtigen Zusammenklang von Herz und Kopf?
Regisseur Paul Lacoste, ja, schwelgt in Kunststücken am Herd. Da läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Aufschlussreicher aber sind die Porträts der Protagonisten. Dabei sind Klarheit und Ruhe die bestimmenden Elemente. Ganz langsam schält sich heraus: der „Alte“ steht nicht nur für Tradition, er steht auch für ein traditionelles Denken, das von Menschlichkeit und nicht von Profitstreben dominiert wird. Und es sieht so aus, als stehe ihm der Sohn diesbezüglich in nichts nach. Wobei nicht behauptet wird, es gehe nicht auch um Geld und darum, Geld zu verdienen. Ein Essen bei den Bras kann sich ein Normalverdiener kaum leisten! Die Ehrlichkeit, auch diese Seite zu zeigen, gibt dem Bilderreigen über Küchen-Kunst und Lebenshaltungen erst die richtige Würze.
Peter Claus
Entre les Bras – 3 Sterne. 2 Generationen. 1 Küche., von Paul Lacoste (Frankreich 2011)
Bilder: mindjazz (Real Fiction)
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar