Was haben die Märchen der Gebrüder Grimm im Kino nicht schon über sich ergehen lassen müssen. Das bundesdeutsche Kino hat auf der Höhe der so genannten Sex-Welle mit „Grimms Märchen von den lüsternen Pärchen“ zumindest titeltechnisch den absoluten Tiefpunkt markiert. Hollywoods Neuverfilmung von „Schneewittchen“ habe ich im Vornhinein nicht viel zugetraut und den Film, der bereits in der Vorwoche angelaufen ist, geschwänzt. Die freundlichen Kritiken reihum jedoch haben mich aufhorchen lassen. Und, ja: schnuckelige Unterhaltung.
Das aufgepeppte Märchen um den Kampf einer blaublütigen Stiefmutter gegen ihr Mündel und das Altern amüsiert mit flotten Sprüchen, einer bestens aufgelegten Julia Roberts in der Rolle der „bösen Alten“ und augenzwinkernden Anspielungen auf alte Zöpfe im Kampf um Gleichberechtigung der Geschlechter. Erfreulicherweise haben die Drehbuchautoren die Vorlage mit Vorsicht umgemodelt. Das Wichtigste: Sämtliche Figuren sind ernstzunehmende Charaktere. Deshalb haben auch Erwachsene einen Heidenspaß.
Die Filmhistorie muss nun nicht gleich umgeschrieben werden, ein Meilenstein des Kinos ist nicht zu bestaunen – aber ein Spaß, der nicht in die Niederungen des Zotigen abrutscht (und wenn, dann so klug, dass man einfach nur mitlachen muss!) und mit einer modernen, jedoch nie modisch-aufgemotzten Version der uralten Geschichte mitten ins Hier und Heute passt.
Peter Claus
Spieglein, Spieglein, von Tarsem Singh (USA 2012)
Bilder: Studiocanal
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