Die Vorbehalte vieler waren groß: Angelina Jolie als Regisseurin? Viele Kritikerinnen und Kritiker hatten vor der Berlinale den Satz im Kopf „Schuster, bleib bei Deinem Leisten!“. Dann begannen die 62. Internationalen Filmfestspiele Berlin, der Film kam im Wettbewerbsreigen, jedoch außerhalb des Rennens um den Goldenen Bären, heraus, und viele, viele zollten Angelina Jolie Respekt. Mindestens.
Sie kann Inszenieren. Der Film ist mehr als ein Talentbeweis. Und wenn die Action-Heroine in Interviews sagt, dies sei ihre erste Arbeit, die von etwas erzähle, was ihr wirklich wichtig sei, dann glaubt man das angesichts des Films. Die darin erzählte Geschichte beginnt 1992 in einer Kleinstadt in Bosnien-Herzegovina: Ajla (Zana Marjanovic) und Danijel (Goran Kostic) tanzen miteinander. Sie flirten. Es keimt Liebe auf. Eine Bombe zerstört das Idyll. Der Bürgerkrieg beginnt. Und die Zwei, die eben noch zueinander wollten, dürfen und können nicht mehr miteinander. Plötzlich wird nicht nur wichtig, sondern überlebenswichtig, wer was ist und woher kommt. Sie ist muslimische Bosnierin, er christlicher Serbe – das geht nun nicht mehr. Und doch bleiben die Zwei aneinandergekettet. – Mehr sei hier zu den Details der Story nicht verraten. Die wird hart. Vor allem das Thema der Vergewaltigung von Tausenden Frauen nimmt viel Raum ein. Die Bilder dazu sind grausam. Das müssen sie sein. Sie sind nie voyeuristisch. Das ist richtig so. Hollywood-Schmalz hat keine Chance. Gut. Gut auch, dass Angelina Jolie den Film vor Ort gedreht hat, mit Schauspielern, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen. Vieles wirkt authentisch, ja, wahrhaftig, wird zum wirklichen Anti-Kriegsfilm.
Dem Drehbuch, es stammt auch von Angelina Jolie, hätten ein, zwei Korrekturen durchaus gut getan. Manchmal stolpert die Erzählung ein wenig, so, als wäre die Autorin von ihren eigenen Gefühlen überrollt worden und hätte es nicht geschafft, die einzelnen Motive der Figuren für ihr mitunter kaum verständliches Handeln konsequent zu beleuchten. Das aber schmälert den Gesamteindruck nicht wirklich. Der Film geht unter die Haut, weil er die Absurdität der Einteilung von Menschen – sei es nach Religionszugehörigkeit oder sonst etwas – mit brutaler Deutlichkeit und bar jeglicher Schönfärberei anprangert. Und das auf eine Weise, die ein großes Publikum fesseln kann. – Man darf gespannt sein auf die zweite Regiearbeit von Angelina Jolie.
Peter Claus
In the Land of Blood and Honey, von Angelina Jolie (USA 2011)
Bilder: Wild Bunch (Central)
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