Vor einem Jahr war es in Locarno, da dieser Film seine Karriere startete. Wichtigste Stationen bisher waren die Auszeichnung mit dem Schweizer Filmpreis 2011 und die Nominierung zum Auslands-„Oscar“. Endlich kommt der Film hierzulande in die Kinos. Viel muss man gar nicht dazu schreiben: Die Geschichte ist klein, die Inszenierung konventionell, die Wirkung enorm. Erzählt wird von einem alten Mann, Witwer, krank, mürrisch. Der Sohn, dessen berufliche Bindung zeitraubend ist, bringt ihn in ein Heim. – Und nun? Mit dieser Frage setzen die Schweizer Autorregisseurinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond in ihrem Debüt eine höchst spannende Handlung in Gang. Der Alte flieht. Rose, eine junge Krankenschwester kann ihn daheim betreuen. Doch, leider, es geht nicht wirklich gut aus. Happy End ist nicht drin.
Der Film sagt klipp und klar: Altern ist in der Regel einfach nur furchtbar, wenn man nicht so reich ist, dass man sich Betreuung und Zuwendung kaufen kann. Schön, dass diesbezüglich nichts beschönigt wird. Ein realistischer Horrorfilm also? Irgendwie ja, aber eben auch eine sehr wahrhaftig anmutenden Studie zum Verfall schlichter Tugenden des menschlichen Miteinanders in einer Gesellschaft, die dafür keinen Platz und keine Zeit hat, weil Tugenden schließlich keinen finanziellen Gewinn einbringen.
Michel Bouquet als Edmond, der alte Herr, und Florence Loiret-Caille in der Rolle der Rose bezaubern einfach. Die Beiden sind so etwas wie Hoffnungsträger. Ihr schlichtes Spiel gibt dem Film eine angenehme Gelassenheit, ohne dass die Problematik verniedlicht werden würde. Ein Kleinod – leise, zärtlich, eindringlich – eine der Wohltaten bei all dem marktschreierisch verhökerten Ramsch, der so in die Kinos kommt.
Peter Claus
Das kleine Zimmer, Stéphanie Chuat & Véronique Reymond (Schweiz 2010)
Bilder: Arsenal
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