The American Way of Life 2011: Die Arbeitslosigkeit steigt rasant, der von Obama mit Formeln wie „Yes we can!“ beschworene Aufstieg lässt sich nicht blicken. In den populären Medien der USA wird das, so gut es nur geht, ignoriert. Hollywood aber – zumindest der denkende Teil – lässt sich mal wieder keine Scheuklappen anlegen. John Wells, Produzent von TV-Hits wie „Emergency Room“, und „The West Wing“, debütiert als Kino-Regisseur mit einem Drama, das recht genau auf die Schieflage in „God’s Own County“ blickt.
Bobby Walker (Ben Affleck) ist klug und clever. Als leitender Angestellter bei einer Schiffbaufirma verdient er gutes Geld. Bobby fährt natürlich einen Luxuswagen. Frau (Rosemarie DeWitt) und Kinder werden gut ausstaffiert. Doch die Finanzkrise verschont ihn nicht. Der Aufsteiger fällt tief – ihm wird gekündigt. Allein ist Bobby damit nicht. Auch seine Kollegen Gene McClary (Tommy Lee Jones) und Phil Woodward (Chris Cooper) müssen gehen. Die nun auf ganz anderen finanziellen Grundlagen verlaufenden Lebenswege der Drei verfolgt der Film mit Anteilnahme, ohne ins Sentimentale abzugleiten. Bobby gilt dabei besonderes Augenmerk. Er hat Glück: Sein Schwager Jack Dolan (Kevin Costner) offeriert ihm einen Aushilfsjob als Zimmermann in der kleinen Firma. Aber Bobby verkennt die Zeichen der Zeit noch nicht. Was hässliche Folgen hat…
Der Film bezieht seine Stärke vor allem aus der Inszenierung von John Wells. Ruhig, verhalten, nie kitschig – das sind die entscheidenden Pluspunkte. Und: Er gibt nicht vor, Lösungen en masse parat zu haben. Zudem behauptet er, der auch nicht gerade zu den Kleinverdienern gehört, nicht, dass er Ahnung vom Leben des Proletariats, so es das überhaupt noch gibt, habe. Wells bleibt in seiner Welt des sehr gehobenen Mittelstands. Klug. So sind die Psychogramme stimmig und die Sozialporträts exakt. Die Akteure sorgen für emotionale Aufladung, die dem Zuschauer, der wohl in der Regel keinen Porsche oder ähnliches fährt, Anteilnahme ermöglichen. Der Star des Films agiert nicht in der Hauptrolle. Es ist Kevin Costner, der endlich einmal wieder als Charakterinterpret brillieren darf. Schön, dass er keine Edel-sei-der-Mensch-hilfreich-und-gut-Knallcharge abliefern muss, sondern einen höchst komplizierten Mann verkörpern darf, dem Schadenfreude nicht fremd ist, auch nicht Arroganz, der aber Mensch bleibt.
Nein, dies ist keine Schmonzette. Schnelles Happy End ausgeschlossen. Dieser Film zeigt schattenreiche Bilder aus jener Welt, die in Hollywood einst durch das fröhliche Familientreiben in den quietschbunten Doris-Day-Komödien repräsentiert wurde – die schöne heile Vorstadtsiedlungsidylle. Der Lack ist ab. Und, auch das wird gezeigt: Neue Farbe und neue Tapeten reichen nicht aus. Grundrenovierung muss sein. Wie die aussehen sollte, zeigt der Film nicht. Wie auch?
Peter Claus
Company Men, John Wells (USA / Großbritannien 2011)
Bilder: Senator
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