Festival-Erfolge sind nicht automatisch auch immense Erfolge im Kino-Alltag. Jurys lieben das Ausgefallene, zahlende Zuschauer tun das nicht unbedingt. Die in Kirgisien realisierte internationale Gemeinschaftsproduktion „Der Dieb des Lichts“ allerdings hat durchaus die Chance, ein großes Publikum zu fesseln.
Regisseur Aktan Arym Kubat erzählt ein Märchen. Das aber ist fest in der Realität verwurzelt. Held, besser: Anti-Held, ist der Elektriker Svet-Ake (Aktan Arym Kubat). In seinem Dorf ist er Institution. Schließlich dirigiert er die Stromversorgung. Er kümmert sich auch sonst um kleine Wehwehchen und größeren Kummer. Und Svet-Ake hat einen Traum: ein Windpark. Damit, so seine Idee, könnte das Dorf autark werden. Es würde nicht nur Geld gespart werden, es könnte auch Zufluss in die notorisch leere Kasse geben. Lokalpolitiker Bekzat (Askat Sulaimanov) ist, nicht aus Gemeinschaftssinn, sondern aus persönlicher Profitgier, begeistert. Er holt chinesische Investoren ins Boot. Genau dadurch droht die Idee jedoch den Bach hinunter zu gehen…
Svet-Ake heißt im Deutschen „Herr Licht“. So symbolisch, wie dieser Name, ist auch die Figur. Da spielen schon antike Mythen vom Bringer und Bewahrer des Feuers / Lichts mit hinein. Doch keine Angst: geschulmeistert wird nicht. Aktan Arym Kubats überzeugt nicht nur als Regisseur, sondern auch als Hauptdarsteller. Weil im Spiel durchweg erdverbunden, nimmt man ihm jede märchenhafte Wendung ohne Wenn und Aber ab.
Viele Kritiker verstehen den Film in erster Linie als kritischen Kommentar zur Globalisierung. Sicher steckt das drin, aber es schiebt sich nicht in den Vordergrund. Auch der Hauch farbenfroh eingefangener Folklore drängt sich nicht auf. Die satte Schönheit der uns Mitteleuropäern überaus fremd anmutenden Welt und Lebensweise ist von bezwingender Faszination. Die Tradition Kirgisiens erscheint als durchaus wohlige Alternative zum Leben westlicher Prägung – und gleichzeitig ist da das Wissen, dass das nichts als ein netter Traum ist.
Text: Peter Claus
Der Dieb des Lichts, Aktan Arym Kubat (Frankreich/ Kirgisien/ Deutschland/ Niederlande 2010)
Bilder: Neue Visionen
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