HD macht’s möglich. Die Mini-Technik erlaubt es inzwischen nahezu jedem, sich als Filmkünstler zu fühlen. Skepsis ist angesagt. Die Flut an „Filmen“ auf YouTube und sonst wo zeigt’s. Man sehnt sich danach, dass die Billig-Filmerei aufhört.
Wie immer: das Pauschalurteil ist falsch. Der israelisch-stämmige Regisseur Tomer Heymann beweist das eindrücklich mit seiner Doku, die er mit der preiswerten Technik realisiert hat. Tomer Heymann huldigt der Liebe zu seinem deutschen Freund Andreas. Wobei er nicht in Pseudo-Romantik versinkt. Sein besonderes Augenmerk gilt dem Problematischen, das sich ergibt, wenn zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen miteinander leben. Besonders kristallisiert sich das heraus, wenn die Zwei mit Heymanns in Israel lebender Mutter zusammen sind. Krankheit der Lady, Weihnachten in Deutschland und viele weitere Momentaufnahmen sind zu einem überhaus humorvollen Ausflug in nichts als das wahre Leben verbunden. „I Shot My Love“ („Ich habe meine Liebe gefilmt“) ist, weil angenehm unspektakulär, ein Zeugnis gegenwärtigen bürgerlichen Befindens, das späteren Generationen so einiges vom Hier und Heute vermitteln dürfte. Doch uns, den Zeitgenossen?
Neben den kleinen Geschichten, die detailfreudig reflektiert werden, fasziniert der Stil. Heymann nutzt die handliche HD-Technik, um sehr nah an die Protagonisten, insbesondere seine Mutter und seinen Lebensgefährten, zu kommen. Dabei verfolgt er auch sehr private Gespräche, macht Intimes öffentlich, jedoch ohne, dass es peinlich wird. Im rechten Moment hat er Kamera und Ton denn doch ausgeschaltet. Bravo! Interessant: Die Gefilmten, die Beobachteten, reflektieren gelegentlich darüber, dass Kamera und Mikrofon dabei sind. Sie denken darüber nach, wie dies ihr Nachdenken beeinflusst. Das ist höchst spannend – und spiegelt die Grenzen des Dokumentarkinos überaus pointiert.
Peter Claus
I Shot My Love, Tomer Heymann (Israel 2009)
Bilder: W-Film
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