Ringelpietz mit Superstars
„Morning Glory“ verheizt die Schauspiellegenden Diane Keaton und Harrison Ford
„There’s no business like show business!“ – Die Hymne des New Yorker Broadways (aus dem Musical „Annie get your gun!“) wurde und wird von Hollywood gern illustriert. Dabei kam manch zeitlos Kluges und Bissiges heraus, etwa „All about Eve“ (1950) oder „Wag the Dog“ (1997). In letzter Zeit überwiegt Sentimentales, wie gerade erst „Burlesque“. Der britische Regisseur Roger Michell („Notting Hill“) kündigte „Morning Glory“ als satirischen Blick auf das US-amerikanische Fernsehen an. Leider hält es sich mit der Satire in Grenzen.
Ausgangspunkt: Die 28-jährige Becky Fuller (Rachel McAdams) verliert ihren Job als TV-Produzentin. Der Neustart ist holprig. Alt-Produzent Jerry Barnes (Jeff Goldblum) engagiert die junge Kollegin, damit sie eine abgewirtschaftete Frühstücksshow wieder auf Vordermann bringt. Moderatorin Colleen Peck (Diane Keaton) und der von verblichenem Ruhm zehrende Anchorman Mike Pomeroy (Harrison Ford) kommen Becky dabei nicht gerade entgegen. Die Ex-Schönheitskönigin und der alte Laffe halten sich für die Größten und mauern. Becky aber gibt nicht klein bei. Klar, dass ihr Stehvermögen belohnt wird.
Dem Film fehlt der Mut zu wirklich ätzender Bösartigkeit. Die Hohlheit des US-amerikanischen Fernsehens, da die unwichtigste Kleinstadtsensation wichtiger ist als das Weltgeschehen, bleibt unangetastet. Kurz: Die Handlung ist weitgehend uninteressant.
Rachel McAdams beherrscht die Szene, indem sie durchweg voll auf die Tube drückt. Ob fröhlich oder verzweifelt, die Schauspielerin agiert stets so, als stehe sie auf der Bühne eines Freilufttheaters und müsse auch das Publikum in Reihe zweihundertzwölf erreichen. Ganz anders Diane Keaton und Harrison Ford. Sie bauen wohltuend auf kleine Gesten, mitunter auf einen geradezu minimalistischen Darstellungsstil. Agieren sie mit Rachel McAdams zusammen, dann ist das durchaus von Reiz. Denn die extreme Verschiedenheit des Schauspiels charakterisiert sehr genau die Unterschiedlichkeiten im Denken und Fühlen der Generationen. Da zünden dann auch manche Pointen der Wortgefechte prächtig. Manchmal blitzt da sogar ein Konflikt auf, den auch wir europäischen TV-Konsumenten kennen: Spaßfernsehen contra Seriosität.
Die Inszenierung schlägt sich leider von Anfang an auf die Seite des Spaßfernsehens. Alles ist bunt und schrill und schick und grell. Die von Harrison Ford liebevoll gezeichnete Figur des Fossils aus alten Tagen wird zudem denunziert: der Mann ist einfach nur ein Loser. Da wird’s dann richtig ärgerlich. Dieser Ärger wird auch nicht durch die wirklich überragend glanzvollen komödiantischen Szenen von Diane Keaton ausgeglichen. In ihrem Spiel liegen Witz und Traurigkeit, Wut über die verspielte Ernsthaftigkeit des Mediums Fernsehen und Lust am Ausprobieren von Neuem, wirklich nahtlos beieinander, dass es nur so knistert. Wenn sie mit Harrison Ford zum verbalen Duell antritt, sind die Lachtränen nicht zu bremsen. Doch leider überwiegt das Mittelmaß schenkelklopfenden Humors. Wenn Rachel McAdams etwa zum unzähligsten Mal tollpatschig gegen irgendetwas rennt, und blöd aus der Wäsche guckt, mag man nur noch müde abwinken – und wartet auf Diane Keaton und Harrison Ford. Man wartet zu lang.
Peter Claus
Morning Glory, Roger Michell (USA 2010)
Bilder: Paramount Pictures
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