Zur ewigen Wiederkehr der Zombies
1. Tradition

Survival of the Dead (USA, CDN 2009) Bild: Splendid

Der wiederkehrende Tote ist eine Konstante der unheimlichen Phantastik, die sich in zahlreichen Konzepten und Subgenres verdichtete. Dabei besteht eine unleugbare Verwandtschaft zwischen den Kreaturen jenes Reiches zwischen Leben und Tod: dem blutsaugenden Vampir, der wiedererwachten Mumie, dem leichenfressenden Ghoul und schließlich dem auferstandenen Zombie. So bedrohlich diese Wesen erscheinen mögen, so tragisch und erstaunlich sind sie zugleich. Die Untoten haben den Tod transzendiert und vertreten jenseits des menschlichen Lebens dessen Kontinuität. Dieses Weiterleben hat seinen Preis: eine ewige Suche nach Nahrung (Blut, Fleisch) oder nach Rache an den Lebenden. Gerade in den modernen Adaptionen wird immer wieder die Tragik dieser Zwischenwesen deutlich: wenn sich die Untoten an ihre menschliche Existenz erinnern und diese zerrbildhaft wiederholen, wenn der Vampir die Einsamkeit seines ewigen Lebens beklagt oder die Mumie nach der verlorenen Liebe sucht. Als modernste Variante der Untoten –wenn zweifellos auch die primitivste – hat sich der Zombie erwiesen. Doch woher kommt diese tumbe, kannibalische Spezies, die sich aus Infektion und Seuche generiert?

Der Begriff ‚Zombie’ entstammt der afrikanischen Sprache Kimbundu und bedeutet ‚Totengeist’ (nzùmbe). Durch den ‚Import’ afrikanischer Sklaven nach Mittelamerika (speziell auch Haiti) wurden einst Elemente afrikanischer Kulte transferiert und verschmolzen mit Teilen christlicher Religion zu einem vielschichtigen Synkretismus. Als Haiti unter US-amerikanischer Besatzung stand (1915-1934), verbreiteten sich Begriffe und Elemente des Voodoo-Kultes bis nach Nordamerika, wo diese popularisiert und mythisiert wurden. So wird noch heute in den Südstaaten der ‚Voodoo-Zauber’ (abwertend als ‚Hoodoo’) gefürchtet und verehrt. Unter einem ‚zombie cadavre’ versteht man im Voodoo-Kult einen Menschen, der mittels eines Pulvers getötet wird, und wenig später als willenloses Wesen wieder aufersteht, um dem Priester (‚houngan’) zu dienen. Lange hat die Ethnobotanik nach Erklärungen für den Effekt dieses mysteriösen Pulvers gesucht. So geht der Ethnologe Wade Davis davon aus, dass dabei das Kugelfischgift Tetrodotoxin in Wechselwirkung mit der Datura-Gurke Verwendung findet. Andere Ansätze gehen davon aus, dass die wenigen als ‚Zombies’ bekannten Menschen schlicht fehlidentifizierte, geisteskranke Obdachlose seien. Der Mythos jedoch besagt, diese Menschen seien einst gestorben und als Zombies wieder erwacht, was sie zu apathisch herumirrenden verlorenen Seelen begradiere. Davis konterte später mit der These, dass alle ermittelten Faktoren, biologische wie soziale, am Prozess der Zombifikation beteiligt seien (Davis 1988.1, S. 212). Wichtig sei vor allem der Glaube an die Wirksamkeit der Rituale – eine These, die Wes Cravens effektvolle Verfilmung von Davis’ erstem Buch The Serpent and the Rainbow (Die Schlange im Regenbogen, 1987) phantasievoll ‚widerlegte’.

2. Zombies als Kapitalismusopfer

Da die Angst vor der Wiederkehr der Toten als menschheitsgeschichtliche Universalie  begriffen werden kann, beziehen sich zahlreiche religiöse Ursprungsmythen auf Ideen der Wiederauferstehung der Toten. Aus Vorsicht wurden Totenwachen und Bestattungsrituale eingeführt, die diese beängstigende Wiederkehr verhindern sollten. Dennoch tauchen sie auf: die Untoten, die Wiedererwachten, die ruhelos Umherwandernden. Direkt bezogen aus der Popularisierung haitianischer Mythen wandte sich Hollywood bald einer filmischen Adaption zu. White Zombie (1932) von Victor Halperin mischte Motive von Kolonialismuskritik, Sklaverei-Problematik und religiösem Synkretismus zu einem beängstigenden Modell. Die Voodoo-Religion florierte auf Haiti vor allem als Form der Abwehr gegen die französische Kolonialmacht und brachte zahlreiche Geheimorganisationen hervor, die Geschichten von Zombifizierung und ewigen Flüchen florieren ließen. Zugleich war Voodoo die Religion der ehemaligen Sklaven, deren Wut sich gegen die Plantagenbesitzer richtete. In White Zombie wird der Voodoo-Zauber missbraucht, um private Begierden zu befriedigen und willenlose kapitalistische Sklaven zu züchten („They don’t mind hard work“). Schließlich soll auch die widerspenstige ‚weiße Frau’ zum willigen Zombie gemacht werden, zum ‚White Zombie’. Die totale Verfügbarkeit des Körpers – der Endpunkt des radikalen Kapitalismus – steckt bereits in diesem ersten filmischen Beispiel als latent kritischer Subtext.

Den einflussreichsten Klassiker dieses Voodoo-Subgenres schufen Jacques Tourneur und Produzent Val Lewton mit I Walked With a Zombie (Ich folgte einem Zombie, 1942). Dramaturgisch orientiert an dem Bronte-Klassiker ‚Jane Eyre’ erzählt der Film auf der ersten Ebene von einer Krankenschwester (Frances Dee), die nach Jamaika geladen wird, um sich dort um die seelisch kranke Ehefrau (Christine Hordon) eines Plantagenbesitzers (Tom Conway) zu kümmern. In den geheimnisvollen Ritualen der Jamaikaner lernt sie eine mächtige, fremde Welt kennen, die sie umgehend nutzen möchte, um die Patientin von ihrer Apathie zu heilen. Doch diese steht bereits im Banne eines Voodoo-Zaubers.

In ihrem umfassenden Horrorprogramm der 1950er und 1960er Jahre griffen die britischen Hammer Studios neben dem Vampir, Frankensteins Monster, der Mumie und dem Werwolf auch auf den Zombie als Schreckenswesen zurück. The Plague of the Zombies (Nächte des Entsetzens, 1965) von John Gilling zeigt, wie im viktorianischen England ein Adliger Voodoo-Zauber als kolonialistische Beute nach Cornwall bringt und sein Bergwerk mittels willenloser untoter Arbeiter betreibt. Deutlicher noch als in White Zombie wird hier das Horrormotiv der Zombies als Metapher für die ausgebeutete Arbeiterklasse genutzt, die der kontrollsüchtigen Herrschaftsschicht zunächst völlig ausgeliefert ist. Gleiches gilt hier für die gender-Verhältnisse. Die aufgeklärten Ärzte haben diesem Ausbeutungssystem kaum etwas entgegen zu setzen. Es bliebt dem amerikanischen Kino überlassen, das Zombiephänomen restlos zu modernisieren – und in diesem Prozess umso mehr der Horrorphantastik zu übereignen.

3. Amerikanische Alpträume

Die Modernisierung des Horrorgenres setzte im Jahr 1968 ein (Peter Nicholls 1984, S. 68). Mit Filmen von Roman Polanski, Stanley Kubrick und George A. Romero wurde die filmische Phantastik endgültig erwachsen. In der Nachwirkung des 2. Weltkrieges, des Holocaust, des Koreakrieges, des Ost-West-Konflikts und im frischen Eindruck des langsam eskalierenden Vietnamkrieges kam Romeros Independent-Produktion aus der Arbeiterstadt Pittsburgh mit dem prägnanten Titel Night of the Living Dead (Die Nacht der lebenden Toten, 1968). Der Film entstand aus Romeros Wut über ein Amerika am Abgrund des Totalitarismus’. Während die lebenden Toten hier ein einsames Landhaus belagern, entspinnt sich darin ein Konflikt der höchst unterschiedlichen Zufallsgemeinschaft. Und während das Kind die Mutter attackiert und der Vater Rassismen absondert, gelingt es dem einzigen Schwarzen im Haus zu überleben – nur um schließlich von der anrückenden Bürgerwehr erschossen, mittels Fleischerhaken hinausgeschleift und mit den anderen Kadavern verbannt zu werden. Romero stellt eine ungewohnte Frage: Sind es nicht die Menschen, die sich selbst vernichten? Sind die kannibalischen Instinktwesen wirklich gefährlicher als die rassistische Bürgerwehr? Sind die infizierten und nun untoten früheren Menschen nicht immer noch ein Teil dessen, was sie einst waren – selbst wenn ihr Appetit auf das Leben nun tödlich ist? Night of the Living Dead entfaltet expressive Bilder in düsterem Chiaroscuro und meint es Ernst mit diesen Provokationen. Romeros ‚Zombies’ entstammen nicht dem Voodoo-Zauber – sie sind von Menschen beschworen und werden zur ‚ansteckenden Allegorie’ (Steven Shaviro). Da der Film auf einem Friedhof beginnt, erwecken die Untoten eher den Anschein leichenfressender Ghouls als fluchbeladener Voodoo-Zombies. Gleichzeitig ist es interessant, dass Romero zumindest in den späteren Filmen seines Zyklus’ immer wieder Voodoo-Verweise streut, vor allem in Form seiner jamaikanischen Protagonisten. Als ‚Midnight Movie’ wurde der B-Film zum Kultklassiker und steht bis heute paradigmatisch für die kreative Kraft der unabhängigen amerikanischen Kinos. Sein Einfluss auf die internationale Filmproduktion wuchs über die Jahre, und auch Romero selbst blieb seinem Thema treu. Bis heute hat er sechs Zombie-Filme gedreht, die ihr Motiv in immer neuen Varianten durchspielten und aktualisierten. Unzählige Nachahmer schlossen sich ihm an.

Dawn of the Dead (USA 2004) Bild: UIP

Für das europäische Kino sollte die Adaption des Zombiemotivs zu einer seriellen Goldgrube werden. Dario Argento, Schüler des Gothic-Horror-Maestros Mario Bava in Italien, baute auf die Verwertbarkeit des kannibalischen Untoten und ko-finanzierte Romeros offizielle Fortsetzung Dawn of the Dead (Zombie, 1979), die jene unvergessliche Werbezeile trug: „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kehren die Toten auf die Erde zurück.“ Das ist die zaghafte Erklärung des jamaikanischen Protagonisten dieser modernen Variante eines Apokalypse-Gemäldes. In Romeros groß angelegtem Untergangsszenario kämpft sich eine kleine Zufallsgemeinschaft durch das von kannibalischen Untoten verseuchte Amerika und verschanzt sich schließlich in einem Einkaufszentrum, in dem die Zombies gleichsam aus Erinnerung und Gewohnheit die Flure der Geschäfte durchstreifen. Romero betont noch einmal, was diese Toten tatsächlich sind: einfache tote Amerikaner, die es ins Leben zurück verschlagen hat. Der Schauplatz qualifiziert Romeros Dawn of the Dead als Konsum-Satire, in der der überlebende Mensch selbst zum letzten Konsumgut geworden ist: als Nahrung für die Untoten. Wie in zuvor Night of the Living Dead ist der autoritären Gewaltlösung hier kein nachhaltiger Erfolg beschieden. Bürgerwehr, gewalttätige Rocker und Milizen fallen ihrer eigenen Destruktivität zum Opfer. Dawn of the Dead wirft erstmals die bange Frage auf, ob der Mensch in einer Welt der lebenden Toten nicht selbst zum Störfaktor geworden ist – ein Ansatz, den Romeros spätere Film noch weiter verfolgen.

Nach dem enormen Erfolg von Dawn of the Dead, der in Deutschland 1979 die Goldene Leinwand verliehen bekam (und später von BPjM als Gewaltverherrlichung beschlagnahmt wurde) folgte mit Zombi 2 (Woodoo – Schreckensinsel der Zombies, 1979) das inoffizielle Prequel eines weiteren Genreveteranen: Lucio Fulci. Hier bricht das Grauen auf einer Südseeinsel aus und gelangt per Überseeyacht in den Hafen von New York. Auch Fulcis Inszenierung der Toten basiert auf einer extremen Langsamkeit, die umso mehr die Unabwendbarkeit der Bedrohung betont. Obwohl Fulci sowohl die jamaikanischen Wurzeln als auch die gesellschaftliche Dimension der Zombie-Plage streift, vermeidet er die soziopolitische Kritik. In seinen späteren Filmen tauchen die Untoten gar nur als eine mögliche Variante des wiederkehrenden Schreckens unter anderen auf: durch einen ketzerischen Fluch erweckt in La paura della città dei morti viventi (Ein Zombie hing am Glockenseil, 1980), als Boten des Jenseits in …e tu vivrai nel terrore! L’aldila (Über dem Jenseits / Geisterstadt der Zombies, 1981) und als Frankensteinsches Flickwerk in Quella villa accanto al cimitero (Das Haus an der Friedhofsmauer, 1982). Von Ursprung im Voodoo-Mythos hatte sich Fulcis Konzept längst verabschiedet, wenn auch die traumwandlerische Langsamkeit blieb.

4. Zombie-Parodien

Wie viele Phänomene erschöpfte sich die Zombiefilm-Welle der frühen 1980er Jahre in der Parodie. Am Anfang dieser Entwicklung steht zweifellos John Landis’ Musikvideoclip zu Michael Jacksons Thriller (1983), in dem sich der Popstar zunächst in einen Werwolf (Film im Film) und schließlich in einen Zombie verwandelt. Return of the Living Dead (Verdammt, die Zombies kommen, 1985) von Dan O’Bannon trug der populären Qualität des Motivs bei einem jugendlichen Publikum ebenso Rechnung, wie er die kritischen Motive von Romeros Filmen ad absurdum trieb. Und während sich der schwarze Humor dieses Film erfolgreich serialisieren ließ, bauten auch andere Horror- und Science-Fiction-Filme jener Jahre Zombie-Motive in die Inszenierung des Schreckens ein. Dan O’Bannons Erfolgsreihe ermöglichte auch ein direktes Remake von Night of the Living Dead (Die Rückkehr der Untoten, 1990) unter der Regie von Romeros Maskenbildner Tom Savini, der dem Original jedoch außer Farbe wenig hinzufügen konnte.

Shaun of the Dead (GB 2004) Bild: NFP

Einen wahren Overkill an Zombiehorror inszenierte der Neuseeländer Peter Jackson mit Braindead (1992), wo der Biss eines ‚Rattenaffen’ nach und nach eine Vorstadtsiedlung in rasende Untote verwandelt, die am Ende nur noch mittels Rasenmäher dezimiert werden können. Splatterexzess und Slapstickkomik verbanden sich hier zu einem neuen Stil der Horrorparodie, die von jüngeren Fans lange als synonym für ‚Splatterästhetik’ begriffen wurde, dabei kommen solche Slapstick-Elemente bereits in Romeros Dawn of the Dead vor. In Italien fügte Michele Soavi dem Zombie-Zyklus eine ironische Fußnote bei: Dellamorte Dellamore (1994) erzählt von einem geplagten Friedhofswärter (Rupert Everett), der regelmäßig die auferstehenden Toten der Gemeinde ins Jenseits zurück befördert – bis er durch die Liebe zu einer untoten Frau die Grenzen zwischen Totenreich und Diesseits überschreitet. In Großbritannien zeigte Edgar Wright mit Shaun of the Dead (2004), was passiert, wenn ein etwas linkischer Looser (Simon Pegg) feststellen muss, dass sein Lieblingspub von aggressiven Zombies belagert wird. Da wehrt man sich zur Not mit den Lieblingsschallplatten, die als Wurfgeschosse dienen. Bald war die Idee, dass die Lebenden mit den Toten zusammenleben, eine fruchtbare Konstante. In der amerikanischen Komödie Fido (Fido – Gute Tote sind schwer zu finden, 2006) hat man aus der Not einfach ein Dienstleistungssystem gemacht (auch hier werden wieder Erinnerungen an das ökonomische Sklavenmodell der frühen Voodoo-Varianten deutlich). Wenn nur der kannibalische Trieb nicht wäre. Konsequent spielen schließlich die Coming-of-Age-Varianten Jennifer’s Body (2008) von Karyn Kusama und Dead Girl (2008) von Marcel Sarmiento und Gadi Harel die Idee der sexuell attraktiven Untoten durch, die jedoch erheblich eigenwilliger erscheinen als erwartet. Der von Romero bereits angedeutete eigene Charakter der Wiedergänger(innen) kommt hier voll zur Entfaltung.

5. Apokalypsen

1984 gelang es Romero, seine Trilogie der lebenden Toten vorläufig abzuschließen: Day of the Dead (Zombie 2 – Das letzte Kapitel) erzählt vom letzten Wiederstand einer kleinen Gruppe von Militärs und Wissenschaftlern in einem unterirdischen Atombunker, die der Übermacht der Untoten trotzen und mit diesen experimentieren. Es ist „wirklich ein dunkler, apokalyptischer und tragischer Film, weil man sieht, dass nicht die atomare Bedrohung uns kriegen wird, sondern wir uns selbst,“ sagt Romero (Gaschler, S. 187). Wieder sind eine Frau und ein Afroamerikaner in der Hauptrolle zu sehen, auch der vage Bezug zum haitianischen Kontext taucht auf, doch letztlich ist der Film eine antimilitaristische Parabel. Bemerkenswert ist der eigenwillige Zombie Bub, der große Teile seiner menschlichen Vorexistenz erinnert und sowohl mit der Waffe umgehen kann wie er vor den Militärs salutiert. Er wird seine Artgenossen in den Bunker führen und so zum Untergang der Menschen beitragen.

Danny Boyle entdeckte das Untoten-Motiv für seine britische Apokalypse 28 Days Later (2002) neu und griff das Motiv der tollwütig infizierten Untoten erneut auf, die mit rasender Geschwindigkeit und unbändiger Aggression über die Menschen herfallen. Die Untoten hier erscheinen umso gefährlicher und bar jeder sozialen Romantik, wie noch bei Romero. Diese Gesellschaft der Tollwütigen ist nur noch auf Zerstörung programmiert. 28 Weeks Later (2007) von Juan Carlos Fresnadillo weitet diese Apokalypse noch aus, nachdem die Sicherheitszonen überrannt werden. Eher futuristisch geht auch der auf einer Computer-Game-Reihe basierende Resident Evil (2002) von Paul W.S. Anderson vor, wo die Zombieseuche in einem unterirdischen Versuchslabor ausbricht und die ganze Welt vernichtet. Mit dem dritten Film der Reihe befindet man sich bereits in der Post-Apokalypse.

28 Days Later (GB, USA 2002) Bild: Fox

Ungeahnte Popularität konnte schließlich Zack Snyders offizielles Remake Dawn of the Dead (2004) erringen, der den Plot von Romeros Klassiker mit solider Besetzung, drastischen Effekten und beachtlichem Budget zeitgemäß adaptiert, dabei jedoch weitgehend auf den grimmigen Humor des Originals verzichtet und dessen satirische Qualität preisgibt. Ähnlich wie in 28 Days Later sind die Untoten hier agil und aggressiv, was das Gefahrenpotential zusätzlich erhöht. Der weltweite kommerzielle Erfolg ebnete den Weg für Romeros zweite Zombie-Trilogie, die er umgehend mit dem postapokalyptischen Land of the Dead (2005) begann. Dieser in einer urbanen Menschenenklave angesiedelte Film weist deutliche politische Bezüge zu den paranoiden Tendenzen der Bush-Jr.-Regierung in den USA auf, wobei Dennis Hopper in einer letzten großen Rolle als Präsident zu sehen ist. Wie in 28 Weeks Later proben die Untoten hier schließlich die Revolution und dringen geführt von einem intelligenten schwarzen Zombie in den geschützten Bereich ein. Der Erfolg dieses Films ermöglichte Romero, kurz darauf mit Diary of the Dead (2007) den Abschied von der Menschheit aus subjektiver Sicht einer studentischen Filmcrew zu feiern. In Survival of the Dead (2010) schließlich treten die Untoten selbst wieder ins Zentrum, während sich die Menschen auf einer isolierten Insel gegenseitig nach dem Leben trachten. Romero variiert sein Regularium hier erstmals, indem die Zombies statt menschlicher auch tierische Nahrung (ein Pferd) verzehren.

Der Siegeszug der Untoten ist bis heute ungebrochen. Ungeachtet ihrer Popularitätsschübe in den 1930er und 1970er Jahren taucht das Zombie-Motiv in vielfältigen Variationen im internationalen Kino auf – von Japan über Spanien bis nach Frankreich. Es war ein langer Weg vom apathischen Voodoo-Zombie zum tierhaft-blutrünstig kontaminierten Untoten unserer Tage, doch die Verflechtungen sind vielfältig und geprägt von einer irritierenden Logik. Immer aber reflektieren Zombiefilme – bewusst oder latent – die Zeit ihrer Entstehung und nutzen die Metapher vom lebenden Toten mal als politische, soziale oder satirische Basis. Der Zombie – ein wahrhaft untoter populärer Mythos.

Text: Marcus Stiglegger


Literatur:

Claudio Biedermann / Christian Stiegler (Hg.): Horror und Ästhetik, Konstanz 2008
Wade Davis: Passage of Darkness: The Ethnobiology of the Haitian Zombie, Chapel Hill 1988.1
Wade Davis: Schlange und Regenbogen. Die Erforschung der Voodoo-Kultur und ihrer geheimen Drogen, München 1988.2
William K. Everson: Klassiker des Horrorfilms, 1980/1982
Jochen Fritz / Neil Stewart (Hg.): Das schlechte Gewissen der Moderne. Kulturtheorie und Gewaltdarstellung in Literatur und Film nach 1968, Köln 2006
Thomas Gaschler / Eckehard Vollmar (Hg.): Dark Stars. 10 Regisseure im Gespräch, München 1992, S. 180-213
Roland Littlewood / Chavannes Douyon: Clinical findings in three cases of zombification. Lancet 350 (1997), 1094-6
Arno Meteling: Monster. Zur Körperlichkeit und Medialität im modernen Horrorfilm, Bielefeld 2006
Kim Newman: Nightmare Movies. A Critical Guide to Contemporary Horror Films, New York 1988
Peter Nicholls: The World of Fantastic Films, New York 1984
Georg Seeßlen: George A. Romero und seine Filme, o.O. 2010
George Seeßlen/Fernand Jung: Horror. Grundlagen des populären Films, Marburg 2006
Steven Shaviro: The Cinematic Body, Minneapolis / London 1993, S. 82-104
Catherine Shelton: Unheimliche Inskriptionen. Eine Studie zu Körperbildern im postklassischen Horrorfilm, Bielefeld 2008