Nummer sicher
Sharon Stone und sonst gar nichts
“Nennen Sie mir etwas, das Ihnen Angst macht.“ sagt der Psychiater. „Langeweile“, antwortet die Frau. So gesehen ist Basic Instinct II ein Film voller Angst.
Es mag eine feine Ironie darin liegen, dass eben die sehr dürftige Qualität ihm zu einem, allerdings sehr temporären, Medienecho verhalf, beinahe; als wäre das Schindlers Liste. Denn diese Qualität verdankt sich dem Umstand, dass etwa 14 Jahre gesucht und gebastelt wurde für die Fortsetzung, das Sequel, wie die Branche sagt. Never change a winning team sagt man dort eigentlich, aber das Team wollte oder konnte nicht. Michael Douglas hatte abgewinkt, mag sein, er ahnte es. Und weil sie 14 Jahre brauchten, ehe sie eine neue Crew fanden, ist Sharon Stone heute 48. Das ist ein Glücksfall, denn es ist das einzig Bemerkenswerte an diesem Film von Michael Caton-Jones. Zwei, drei Jahre nach dem ersten Film, 1992, hätte ihn das ruhmlose Schicksal der Fortsetzungen vom Weissen Hai oder der Unendlichen Geschichte ereilt.
Damals schlug sie, in wenigen Sekunden, die die unberühmte Blonde zum Star machten, die Beine übereinander, und während die Herren in der Szene und die im Saal interessiert nach dem Slip schauten, fiel ihnen auf: da ist gar keiner. Es war nicht, weil sie nackt war zwischen Knie und Bauch, es war, weil es so war: so unpassend, so unerwartet, mit dieser aufreizenden Lässigkeit, mit diesem ironischen Lächeln, das jeden Mann ein wenig Angst eintrieb vor dieser Souveränität und Begehren auch. Es ist genau diese Souveränität, die, hauptsächlich, dieses mal fehlt. Denn alles ist um diese Frau zentriert, alles schreit uns an: Seht! Welch femme fatale!! Unerhört!!! Diese ganze souveräne Lässigkeit ist verschwunden, es ist, als trage Sharon Stone ihr Image angestrengt vor sich her. Und es ist im Kino wie im Theater: Um stark zu sein, wirklich stark, braucht eine Figur ein Gegenüber, einenPartner, der der Spiegel ihrer Stärke ist. Michael Douglas war so ein Partner, David Morrissey, den Namen muss man sich vermutlich nicht merken, ist es nicht einen Augenblick lang. Er ist einfach zu blöde und zu nett, und so bleibt er auf fünf Toten sitzen.
Das eigentliche Phänomen aber ist nicht, wie allenthalben mit Fleiß behauptet wird, das Aussehen von Sharon Stone. Als ob die Welt nun erstmals entdeckt hätte, dass eine Frau mit 48 Jahren wesentlich mehr sein kann als klug und gepflegt, die Gene und die Disziplin vorausgesetzt. Man muss für diese Erkenntnis nicht ins Kino gehen. Neu daran ist nur, dass sie es nun auch im Kino sein dürfen. Allerdings, das wird kein Standard. Es hängt zusammen mit der eisernen Disziplin der Schauspielerin, ihrer Starqualität
und, hauptsächlich, der Erwartung, dass die Präsentation der 48-jährigen in der Fortsetzung des berühmtesten ich-hab-kein-Höschen-an-Filmes aller Zeiten ein medialer Wert an sich sei. Allerdings, man müsste sich sehr wundern, wenn das ein Erfolg würde, der Film ist als Thriller langweilig und als Erotik auch. Dabei, sie sieht wirklich toll aus, aber diese Ich-bin-die heißeste-Nummer-weit-und-breit-Pose, die vermasselt es, das ist im Kino so langweilig wie im Leben. Nichts als Posen, das Verhalten, die mentale Ausstattung der Figur auf einen Mann übertragen, ergäbe einen Macho der Albernheits-Klasse. Und was sie für eine scharfe Nummer ausgeben, das ist eher die Nummer sicher.
Die männliche Hauptfigur, der Psychiater, der Nachfolger von Michael Douglas, bewirbt sich um einen Lehrstuhl und wird abgelehnt. Diese Stelle heißt hier Douglas-Lehrstuhl. Für soviel Selbstironie möchte man die Truppe beinahe lieb haben.
Autor: Henryk Goldberg
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