Effiziente Ermittlungen
Schöner Altern mit Woody: Im Bann des Jade- Skorpions
Betty Anne Fitzgerald ist groß und gut gebaut und neu in der Firma. C.W. Briggs ist in allem das Gegenteil. Und nun erklärt sie ihm, wie antiquiert seine Arbeitsmethoden seien, ein schmieriger, Röcke jagender Egomane, dem man nun einmal beibringen werde, was Effizienz sei. Sie sagt das zu dem Versicherungsagenten C.W. Briggs, der diesen Job schon ziemlich lange macht, auf seine Weise. Sie sagt es aber auch zu dem Autorenfilmer und Schauspieler Woody Allen, der in 32 Jahren 32 Filme gedreht hat, auf seine Weise. Am Ende wird C.W. Briggs diesen Fall gelöst haben auf seine Weise. Und auch Woody Allen wird am Ende einen schönen gelösten Film gedreht haben, auf seine Weise. Eine sehr effiziente Weise.
Was macht einer, wenn er das schüttere Haar und allen Ruhm erworben hat, wenn er niemandem mehr etwas beweisen muss? Er macht, was Spaß macht, bisschen Jazz, bisschen Filme. Und wenn er dann nicht den Eindruck zu
erwecken sucht, es ginge um mehr als den Spaß, dann wird das so ein richtig behaglicher Woody-Film.
Betty Anne und C.W. mögen sich nicht so. Sie nennt ihn einen schleimigen Wurm und er empfiehlt ihr ein Gestapo-Restaurant. Dann haben sie ein Betriebsvergnügen, da ist ein Zauberer. Der macht das branchenübliche Adrakadabra, sagt Konstantinopel zu ihm und Madagaskar zu ihr und schon lieben sie einander, Hypnose.
Die Hypnose erscheint diesem Film als die entspannte Form der Psychoanalyse. In der Hypnose werden die gespaltene Persönlichkeit, das andere Ich gleichsam offiziell. Die Hypnose als die heitere Darbietung der gespaltenen Persönlichkeit, der unterschwelligen Sehnsüchte. Sie werden nicht auf der Couch entschlüsselt, sie gehen spazieren und klauen Juwelen.
Und deshalb muss der Agent, den der Magier mit einem Konstantinopel am Telefon Juwelen klauen schickt, gegen sich selbst ermitteln, denn er erinnert sich nicht an den Diebstahl, den er beging. Und ermittelt nicht auch Woody Allen mit seinen Filmen und seinen Rollen gegen die Persönlichkeit, die er ist? Sind all seine Stadtneurotiker nicht auch Ermittlungen gegen sich selbst? Aber weil es sich hier um einen, auch in der Haltung, vollkommen entspannten und heiteren Film handelt, ist es nicht so schlimm mit den Ermittlungen. Es ist, als habe Woody Allen das Satyrspiel
zur Tragödie geschaffen, wie es die alten Griechen taten.
C.W. Briggs hält nun Betty Anne für die Diebin, und sie ihn. Dann wird auch, Madagaskar, sie zum Klauen geschickt. Und bevor der kleine schleimige Wurm am Ende die große kluge Blonde dem Boss (Dan Aykroyd) ausspannt, lässt er noch eine blöde Blonde liegen, Charlize Theron, die schon in Celebrity auf bezaubernde Weise blitzblödblond war.
Die Handlung ist 1940, weil da die Welt so schön aussah, der Jazz, die Autos, die Frauen. Und er ist natürlich eine Hommage an die Filme jener Zeit, an Humphrey Bogart und Lauren Bacall. Ein klein wenig klingt Jade-Skorpion auch wie Malteser Falke, und sie rauchen auch so viel. Ein wunderbar entspannter Woody Allen spielt mit der kaum weniger wunderbaren Helen Hunt wunderbare Spiele. Was machen Sie hier? fragt sie, da schnüffelt er gerade in ihrem Schreibtisch. Wie meinen Sie das? fragt er zurück. Woody Allen hat ein wunderbares Leben. Er ist klein und schmächtig und spielt kleine und schmächtige Männer, die die großen blonden Frauen bekommen. Das ist nun wirklich viel effizienter als große Autos und Goldkettchen. Und die Welt liebt ihn dafür. Schöner kann man nicht alt werden.
Autor: Henryk Goldberg
Text geschrieben 2001
Text: veröffentlicht in Thüringer Allgemeine
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