Heute kommt der Film „Henri 4“ nach Heinrich Manns Roman in die Kinos. Produziert wurde er von Regina Ziegler, der erfolgreichsten deutschen Produzentin. Mit einem Etat von 19 Millionen Euro ist ein für deutsche Verhältnisse sehr teurer Film entstanden.

Frau Ziegler, haben Sie eine schöne Bartholomäusnacht in Ihrem Film?

Das kommt darauf an, was Sie unter schön verstehen. Selbstverständlich hat Jo Baier, unser Regisseur, eine blutige Bartholomäusnacht inszeniert. Weil dieses historische Ereignis wirklich sehr blutig war. Heinrich Mann hat es sehr drastisch beschrieben in seinem Roman. Die Bartholomäusnacht von 1572 ist einer der schlimmsten Auswüchse der religiösen Raserei zwischen Katholiken und Protestanten, von denen etwa 30.000 ihr Leben lassen mussten.

Und der Papst ließ ein Te Deum singen …

Der war ja auch nicht dabei.

Es gibt aber nicht nur Hass bei Heinrich Mann, es kommt auch viel Liebe vor. Es gibt ein berühmtes Gemälde von Henris Geliebter Gabrielle d’Estrées mit nackter Brust. Die haben Sie auch?

Warum denn nicht, wenn es so war? Außerdem haben wir großartige Schauspielerinnen, die sich auf diese Weise inszenieren ließen.

Vergossenes Blut und nackte Frauen sind ein Wirkungselement im Kino. Sie werden diese Attraktivität wohl brauchen, um 19 Millionen Euro einzuspielen, die Sie in sieben Jahren aufgetrieben haben. Wie groß ist Ihr Risiko mit dieser Summe?

Zehn Prozent dieser Summe hat Ziegler Film als Eigenkapital eingebracht, das ist viel Geld für ein mittelständisches Unternehmen. Solch ein Risiko hatte ich noch nie, aber es lohnt sich.

Das wissen Sie noch nicht.

Ich meine nicht nur das Geld. Film ist für mich auch, wovon das Buch zu großen Teilen handelt: Liebe, Leidenschaft und eben Risiko.

Sie sind aber auch eine Unternehmerin, die rechnen muss und kann, sonst wären Sie nicht so lang in diesem Geschäft.

Das ist wohl so. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten der Refinanzierung. Zunächst das Kino und der Weltvertrieb. Ich habe den Film jetzt zur Berlinale im Friedrichstadtpalast gezeigt, das hat sich gelohnt. Wir haben „Henri 4“ unter anderem verkauft nach Frankreich, Spanien, Rumänien und Skandinavien, die Verhandlungen mit den Chinesen sind auf gutem Weg. Dann kommt noch die DVD-Auswertung und am Ende das Fernsehen.

Sie schlafen also entspannt?

Ich schlafe grundsätzlich gut und wenig. Und ich habe ja gewusst, was es bedeutet, ein solches Projekt zu stemmen. Wenn es nicht reicht, dann muss Ziegler Film eben etwas kürzer treten.

Was wohl nicht Ihrem Temperament entspricht. In Hollywood ist Ihr Produktionsbudget mitunter der Werbeetat eines Filmes, Gagen gehen bis 20 Millionen Dollar. Wie konkurrenzfähig können Sie da sein in einem Segment, dessen Publikum von der Opulenz Hollywoods geprägt ist?

Ein amerikanischer Produzent, ein Freund von Hans Zimmer, der unsere Musik gemacht hat, schaute sich in Los Angeles den Film an und sagte danach, bei ihm hätte dieser Film 80 Millionen Dollar gekostet, und der „Hollywood Reporter“ schrieb eine begeisterte Kritik. Und Interesse aus Hollywood ist auch schon da.

Wollen Sie gleichsam ein weiblicher Bernd Eichinger werden, nur etwas bunter? Sie kündigen Produktionen an wie „Die Konkubine von Shanghai“ oder „Die Hexe und die Heilige“, das klingt bunt und teuer.

Ehrlich gesagt: Meine Vorbilder sind andere, auch wenn mich mit Bernd Eichinger verbindet, dass wir beide offenbar notfalls auch etwas riskieren. Ich wollte immer meine eigene Chefin sein.

Jetzt ist Ihre Tochter Tanja nominell Ihre Chefin. . .

Keine Regel ohne Ausnahme. Im Übrigen gibt es zwischen Mutter und Tochter – bei uns jedenfalls – kein Chefproblem.

Sie stehen ja auch unter dem Zwang, ständig neue Stoffe zu finden …

Das ist der Kern unseres Geschäfts – immer mit der Nase auf den Boden gerichtet wie ein Trüffelschwein.

Haben Sie je Heinrichs Bruder als Stofflieferanten erwogen?

Thomas Mann ist mit Breloer belegt. Für mich ist Heinrich Mann der größere Erzähler von Geschichten und Geschichte. Er ist mir näher, denn er ist näher am Leben. Er hat aus einem vollen Leben geschöpft und hat sich nicht so stark stilisiert wie Thomas Mann das getan hat.

In Zusammenhang mit Breloers „Buddenbrooks“ gab es eine Debatte über die Amphibienfilme, die für Kino und TV produziert werden. Wie ist das für Sie als Produzentin?

Ich halte dies am Ende für eine künstliche Unterscheidung. Entscheidend ist das jeweilige Publikum und nicht das Medium.

Obwohl das Fernsehen Ihren Film mitfinanziert?

Das entspricht den Regeln, die sich Film und Fernsehen in Deutschland gegeben haben.

Es möge nutzen.


Text: Henryk Goldberg

Bild: Central Film