Es gibt künstlerische Projekte, die sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und man muss sie dennoch wagen. Die Darstellung des Nicht-Darstellbaren. Das mit dem Tabu versehene, das, wofür es entweder zu wenig oder zu viele Bilder gibt: „die andere Seite“. Der Film, zum Beispiel, hat sich mit seinen verschiedensten Mitteln, dem Genrefilm, dem „psychologischen Realismus“, dem Experimentellen und dem Dokumentarischen, mit dem Thema „Geisteskrankheit“ auseinandergesetzt (und natürlich stocken wir schon bei dem Wort). Ob man sich, vielleicht mit ein wenig Foucault im Gepäck, der gesellschaftlichen Konstruktion des „Wahns“ nähert, ob man sich in den Mythos (einer kranken Erzählung, wie Hitchcocks „Psycho“ vielleicht) begibt, oder einfach nur Angst und finstere Faszination im Horror mobilisiert, ob man Langzeitbeobachtungen „Betroffener“ anstellt oder mit Hilfe des Kinos zu vermitteln versucht, wie sich „wahnhafte“ Wahrnehmung über die ordentliche Organisation von Wirklichkeit schiebt – nie wollen die einzelnen Aspekte des Geschehens zusammen passen; es ist das Wesen des Wahns, sich nicht darstellen zu lassen (oder, anders herum gesagt: Alles, was sich darstellen lässt, wird in einer Kultur eben gerade nicht als Wahn wahrgenommen, sondern allenfalls als „Kunst“, als „Alptraum“, als „Rausch“ oder als „Halluzination“). Auch Lacan hat uns letzten Endes nicht zu einer „Sprache der Psychose“ geführt. Aber das Kino führt da allemal noch weiter als der Diskurs.
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Georg Seeßlen: Filmkritiken 2010 – 2013
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Mit Leidenschaft für den Film und mit Liebe zum Kino
52 Filmkritiken, geschrieben und veröffentlicht in den Jahren 2010 bis 2013, bieten Einblicke und Ansichten, vermitteln Zusammenhänge und Perspektiven.
Das Thema der Filmkritik ist das Filmesehen. Und Filmesehen ist eine Kunst. Und Georg Seeßlen versteht davon eine ganze Menge. Seine kompetente Übersetzung des audiovisuellen Mediums Film in Sprache ist tiefgründig, vielschichtig und bezieht aktuelle gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen mit ein.
Gehen Sie mit Georg Seeßlen auf eine Reise in die Filmgeschichte. Eine Reise in Zeit und Raum.
Bilder: GMfilms
erhältlich als Kauf-DVD und für Kinos
Schnupfen im Kopf
Bundesrepublik Deutschland: 2010
Produzentin/Regie/Buch: Gamma Bak
92 Min. | FSK 12
GMfilms
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