(Bild via kathimerini.gr)
In direkter Erwiderung auf einen Artikel des Umwelt-Journalisten George Monbiot prangert der deutsche Autor und Physiker Ralf Bönt nun den Zynismus der Atomkraft-Befürworter an.
Es ist ein Dilemma: Während Japan gegen die Eskalation der Katastrophe kämpft, muss man über Atomkraft generelles sprechen. Dafür wird man dann der Fühllosigkeit geziehen. Tatsächlich gab es Gewagtheiten wie den Spruch, Fukushima sei überall, der den geschätzten Kollegen Claudius Seidl von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sehr erregte. Oder den Versuch auf einer spontanen Demonstration am Brandenburger Tor die Gefahren der Atomkraft dramatisch zu visualisieren, wo die Bilder aus Japan doch mehr als genügten.
Es gab reißerisch aufbereitete Bürgerberatungen bezüglich der hiesigen Strahlenbelastung. Darüber erregte sich Klaus Hartung im Tagesspiegel und diagnostizierte den Empörten eine Angstlust. Damit bezeichnen Psychoanalytiker die Sucht nach imaginierten Verlusterfahrungen, die mit dem Wiedererlangen von Sicherheit belohnt wird. Und die Reaktion Angela Merkels, sofort Kraftwerke herunterzufahren, wird im In- und Ausland als geradezu albern kritisiert.
Die Empörung über die Empörten ist freilich selbst, wenn man das denn thematisieren möchte, fühllos. Sie lenkt selbst von der noch lange schwelenden Bedrohung für Tokio ab. Schlimmer noch: Sie entlarvt sich als perfiden Angriff auf die Atomkraftgegner, indem sie nicht gleichzeitig die Befürworter der gefährlichen Technik mit in ihre Kritik einbezieht. Ganz selbstverständlich kommen diese nämlich zu Wort, ohne im gleichen Atemzug menschlich disqualifiziert zu werden: So sprach RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann im Interview mit der ‚Zeit’ in mehreren rhetorischen Kurzschlüssen statt vom Risiko lieber vom Cash-flow und meinte, dass Atomkraft in Deutschland verantwortbar sei. Absurde, inhumane Relativierungen machten in Fernsehen und Kneipen die Runde: Autofahren fordere auch Opfer. Das ganze Denken der an der Rettung der sauberen Kernenergie Interessierten ist lesbar gewesen. William Tucker merkte in der Washington Post sogar an, dass die Reaktoren ja nie wieder angefahren werden können, seit sie mit Meerwasser geflutet wurden.
Den Text von Ralf Bönt können Sie weiterlesen auf presseurop.eu und auf der website des Autors.
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