Robben Island liegt wenige Kilometer vor Kapstadt. Die einst als Gefängnis genutzte Insel wurde Mitte der 1990er Jahre zu einem Natur- und Nationaldenkmal, das frühere Gefängnisgebäude zu einem Museum umgestaltet. In dem einstigen Gefängnis verbrachte Nelson Mandela fast zwei Jahrzehnte als Häftling.
Ein Bericht über Robben Island von Michael Scholten:
Um elf Uhr legt die Fähre nach Robben Island ab. Zum Preis von 150 Südafrikanischen Rand besuche ich die ehemalige Gefängnisinsel, auf der neben vielen anderen Gegnern der Apartheid-Regierung auch Nelson Mandela 18 Jahre (von insgesamt 27 Jahren Haft) festgehalten wurde.
1999 ernannte die UNESCO die Insel samt aller Aufbauten zum Weltkulturerbe. Die zwölf Kilometer lange Überfahrt mit der „Sea Princess“ dauert eine halbe Stunde und gewährt einen malerischen Blick auf die Tafelbucht. Am Anleger der 3,5 mal zwei Kilometer großen Insel warten ehemalige politische Häftlinge, die nun die Touristen in jeweils zwei Gruppen durch das alte Gefängnis führen und über die lange Geschichte der Insel im Südatlantik informieren. Schon im 17. Jahrhundert nutzte die in Kapstadt ansässige niederländische Ostindien-Kompanie Robben Island als Gefängnis für Aufrührer aus dem Stamm der Khoikhoi. Später wurden hier auch Dissidenten wie malaiische Prinzen, muslimische Geistliche, Sklaven, Piraten und Räuber eingesperrt. Als die Briten das Kap eroberten und dort eine feinere Gesellschaft etablieren wollten, brachten sie Trinker, Kriminelle, Geisteskranke und Prostituierte in die Gefängnistrakte, die später auch als Leprastation genutzt wurden.
Als die National Party, die Partei der niederländisch-stämmigen Buren, nach ihrem Wahlsieg im Jahr 1948 das weltweit geächtete System der Apartheid mit extremer Rassentrennung einführte, bekam Robben Island eine neue Bedeutung. Dem Gefängnis wurde 1961 ein Hochsicherheitstrakt für Gegner der Apartheid angegliedert, der 1964 um einen Isolierblock erweitert wurde, in dem auch Nelson Mandela einsaß.
Die Gefängnistour führt in jenen Innenhof, in dem die Häftlinge Steine klopften und Nelson Mandela Teile seiner heimlich verfassten Biografie versteckte. Ein beliebtes Fotomotiv ist Mandelas kleine Zelle, die nur mit einer Schlafdecke, einem kleinen Hocker, Essgeschirr und einem roten Blecheimer ausgestattet ist.
Im Jahr 1990, nach langem Widerstand mit Streiks, Protestmärschen, Sabotage und Terrorangriffen verschiedener Anti-Apartheid-Bewegungen, ging die National Party einen ersten Schritt in Richtung eigener Entmachtung. Sie hob das Verbot des African National Congress (ANC) auf und entließ mit Nelson Mandela einen der bekanntesten Widerstandskämpfer aus dem Gefängnis. Die Apartheid verschwand Schritt für Schritt aus der Verfassung und ermöglichte so die ersten (für alle Bewohner jeglicher Hautfarbe) freien Wahlen am 27. April 1994. Der ANC errang eine überwältigende Mehrheit und stellte die Regierungspartei. Nelson Mandela wurde zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes gewählt und erhielt zusammen mit dem letzten Präsidenten der National Party, Frederik Willem de Klerk, den Friedensnobelpreis.
Eine Busfahrt beschließt die Inseltour und führt unter anderem durch einen kleinen Ort, in dem einst die Gefängniswächter mit ihren Familien lebten, und zu einem Steinbruch, in dem die Häftlinge ihrer Strafarbeit nachgehen mussten. Ein großer Steinhaufen auf dem freien Platz erinnert an den ersten Besuch Nelson Mandelas und seiner Mitgefangenen nach ihrer Entlassung.
Zwar leben viele Millionen Südafrikaner, vor allem die Schwarzen, auch nach dem Ende der Apartheid weiterhin in Armut, doch unser Tourguide hat seinen Humor nicht verloren. Er beendet die Tour mit der geschickten Aussage: „Wenn Ihr dem Fahrer und mir ein Trinkgeld geben wollt, wird Euch niemand daran hindern. Dies ist ein demokratisches Land!“
Michael Scholten
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