Die zweite Karriere

Auf der Bühne war er, was man gediegene Mittelklasse zu nennen pflegt, was in einer Theaterstadt wie Berlin nicht wenig ist. Er muss das gewusst haben, sonst geht man nicht weg von einem Haus, dem Maxim Gorki Theater, nach zwanzig Jahren. Und gleich gar nicht in einer Situation, 1990, da ein unkündbares Engagement ein Glücksfall ist. Niemand, der ein Ensemble zu führen vermag, verlässt das Theater auf Dauer. Doch er verlässt es, wenn er glaubt, er könne den Status, ein guter Mann in einem guten Ensemble zu sein, vertauschen mit dem Status dessen, der einen Film trägt, um den herum eine Story geschrieben wird.
Uwe Kockisch hat sich diesen Status erarbeitet in seiner zweiten Karriere im deutschen Fernsehen und spätestens der Kommissar Brunetti der Donna-Leon-Filme, den er von Joachim Krol übernahm, war so etwas wie der Ritterschlag: Man traut ihm zu, als Mittelpunktsfigur einer Reihe von aufwendigen Produktionen ein Millionenpublikum zu locken.
Kockisch verkörpert so etwas wie die Substanz des Fernsehens: gediegenes Handwerk, verbunden mit einer Ausstrahlung, die männlich ist auf eine gleichsam intelligente Weise. Er wirkt nachgerade jugendlich für seinen Geburtstag, sechzig, immerhin, aber er wirkt nicht peinlich mit diesem leicht angerauhten Machismo, der sich so zu sagen selbst kultiviert. Am besten war er, als es nicht um Honorare ging, sondern um einen Film, 1988: Treffen in Travers, mit Hermann Beyer und Corinna Harfouch, ein Glücksfall für alle drei. Manchmal, beim Geld verdienen im Fernsehen, werden sie sich daran erinnern.


Autor: Henryk Goldberg

Text: veröffentlicht in Thüringer Allgemeine,  Januar 2004 (anlässlich Uwe Kokischs 60. Geburtstag am 31.01.2004)

Filmografie Uwe Kokisch