„ … down in Monterey“ …, das riss mich aus dem Schlummer. Ein Plectrum feilt an den Saiten. Heißerer Gitarrensound, vorwärts giert der Drive, pulsiert die Drum, stampft der Bass – Rhythm-Blues. Eine TV-Doku spät nachts. 2016! Erinnerung, Nostalgie machte mich wach. Eric Burdon & the Animals ballten die Faust zu Flucht, Trost, Revolte. Monterey – das war einmal Erregung pur. Alle spielten dort, Greatful Dead, The Who, The Birds, Rolling Stones, Janis Joplin, Jimi Hendrix, Jefferson Airplane … . May be I’m dreaming, Monterey, Monterey, Monterey – ja, Eric Burdon, davon träumten wir, when I was young. Träume aus Vinyl. Uns barst schier Leib, Hirn, Herz vor Power aus den LPs. Three days of understanding – wie dann in Woodstock, Riffs, die in uns reinfuhren wie’s Rasiermesser in Pudding. Und was nicht Pop war, war Fußball, 1966, 1970 … Down in Monterey.

Neu im Gymnasium war Josie. Oh well von Fleetwood Mac, Venus von Shocking Blue, Soul Sacrifice von Santana, er spielte es auf seiner Hoyer Les Paul mit Cry Baby WahWah, und die Bob Dylan, Donovan, Joan Baez auf seiner Western Gitarre dazu. In dubio pro libido? Billy Graham missionierte in Nürnberg und der verwandtschaftliche Pietkong sah uns dem Antichrist aus frisierten Mopeds, Fußballschuhen mit langen Zungen und amerikanischem Krach verfallen. Doch unser Widerstand hatte 33 U/Min. Der Dreck, den jede Lust braucht, knisterte unter’m Diamant und dann knallte eine Gegenwelt den Pfropfen vom verstopften Leben. Down in Monterey oder in Woodstock. A Moving with one another. Rory Gallagher, Jimi Hendrix, Eric Clapton glühten mit Fender Stratocaster Guitars ihr Escape ins Freie und Alvin Lee’s Going home lotste die Träume zu Love, Peace, Freedom. Der akustische Blitz gebar als nachhallenden Donner den Tagtraum: die hölzerne Sirene am Hals greifen und am Bauch zupfen. Nie mehr Mundorgel Geschrummel.

Mit Autowaschen in der Werkstatt am Eck sparte ich meine Framus Les Paul zusammen. Ihre hunderte Märker waren wie metallener Schorf auf den wunden Fingerkuppen, grün vor Hornhaut. Es tat weh, auch wenn wir zunehmend besser scheiterten. Die Flamme aus Holz tröstete über vieles hinweg. Den Josie schickte die Vorsehung, als profane Erleuchtung, denn er half uns ins Bluesschema. 12 Takte Tonika, Subdominante, Dominante – ein feelsaitiges Manifest gegen Käfighaltung. Wir übten wild, Genie ist Fleiß. Bloß nicht nach Noten leben, lieber improvisieren! Feeling, blue notes. Es gibt sie ja nicht als schwarze Pünktchen auf Notenlinien. Sie kommen zu früh, zu spät, etwas zu hoch oder zu tief und entfalten spannungs-gesättigt ihren Groove in den Lücken der Partitur. Omas altes Röhrenradio half uns aus der Reihe tanzen. Wir schlachteten Radios, schalteten 10 Lautsprecher in einer Holzbox hintereinander, bis vom selbstgelöteten Verstärker die Kalotten platzten. Dezibel und Ohm trieben unsere Band von Übungskeller zu Übungskeller. Dogma, fertige Wahrheit, Konsum fertige Ware? Da hieß es fremd gehen: Spiel dein Spiel. Sei ein Macher, griechisch poiein, ein Poet des Augenblicks. Da hockt ja das Ich nicht zwischen den Ohren und folgt brav Aktienindex, Konto, Tacho, Waage oder Wetterbericht. Beim Jamen fallen Stoff und Form, Gefühl und Verstand intuitiv in eins. Down in Monterey wurden denn Gitarre, Fußball, Moped zu Organen des Leibes, verschmolzen Akkorde, Melodien und Riffs, Tempi, Resonanz, Rhythmus und Breaks zum gefühlten Wissen. Wir standen unter Strom. Träume sind Offenbarungen (Antike)? Vergessenes Gewesenes (Freud)? Nochniedagewesenes (Bloch)? Oder Schäume? Ihr Fernrohr, umgedreht eine Lupe, malte uns Bilder des Glücks ins Real Book. Musik, Sport, Motor, wo der Zaun das Leben bedroht, sprengen Bewegungsverstärker ein Loch hinein. Monterey, ‘ne Doku? Du musst dein Leben ändern? Eher Dein Ändern leben. Träum‘!

Jochen Wagner

ev-akademie-tutzing.de

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Video Quelle: youtube

screenshot oben aus youtu.be/iLo8GJJLUhE