Blutige Gleichgültigkeit in Dresden
„Üble Nachrede“ wird dem Abgeordneten vom Bund der Kriminalbeamten unterstellt. Das Schutzbedürfnis der Flüchtlinge ist den Polizisten egal.
„Diese haltlosen Mutmaßungen eines Bundestagsabgeordneten aus seinem Elfenbeinturm in Berlin sind unverschämt, unangemessen und eine Beleidigung für jeden Ermittler.“ Die Rede ist von Volker Beck, der im Fall des in Dresden getöteten Khaled Idris Bahray der Polizei Strafvereitelung im Amt vorwirft. Der Bundesvorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK) ist wütend.
Dass der BDK Anzeige wegen „übler Nachrede“ gegen Beck stellt, ist sein gutes Recht. Bemerkenswert ist etwas anderes: der Ton. In bekannt rechter Manier wird nicht die Kritik zurückgewiesen, sondern der unliebsame Kritiker diffamiert. Und kein Wort des Bedauerns, dass die erste Diagnose der Dresdner Beamten – keine Fremdeinwirkung – bei dem blutüberströmten Eritreer dazu führte, dass eine entsprechende Untersuchung des Tatorts erst 30 Stunden nach der Tat erfolgte.
In Dresden wird jeden Montag aufs Neue gegen Flüchtlinge gehetzt, auf die Wohnungstür des Ermordeten wurde ein Hakenkreuz geschmiert, seine Mitbewohner sowie andere Flüchtlinge erzählen, dass sie sich kaum noch außerhalb ihrer Wohnung bewegen können – aber sie erhalten keinen Polizeischutz.
Stattdessen spricht einiges dafür, dass Polizisten schlampig, vielleicht strafbar gehandelt haben. Das werden Gerichte klären müssen. Was aber klar ist: Die direkt von der rassistischen Aufrüstung Betroffenen spielen in den Debatten um Pegida so gut wie keine Rolle. Diese Ignoranz ist kein Zufall, sondern Teil von Alltagsrassismus.
Der Zwanzigjährige ist möglicherweise ermordet worden, weil er keine weiße Haut hatte. Und in ein Land geflüchtet ist, in dem die Polizei nur selten angehalten wird, Menschen zu schützen, die von ihrem Recht Gebrauch machen, hier einen Asylantrag zu stellen. Das Schutzbedürfnis der demonstrativ gehassten Flüchtlinge muss schleunigst ein zentrales Thema bei den Pegida-Debatten werden.
Ines Kappert, taz 20-01-2015
Bild: CC BY-SA 3.0 Mathias Schindler – Eigenes Werk
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