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Helft, aber nicht den Kriegstreibern

Wir haben es gemächlich angehen lassen. Gestorben und geflohen wird ja weit weg im finsteren Syrien, und das nun schon seit mehr als drei Jahren. Die Schreckensbilder gehören also längst zum Alltag der Medienkonsumenten, aber bislang störten und verstörten sie kaum. Denn die innere Abwehr stand: Es ist alles so unübersichtlich bei den Arabern, was lässt sich da schon machen?

Doch allmählich gerät auch die träge und nur kurzzeitig von den Giftgasanschlägen aufgeschreckte internationale Gemeinschaft unter Druck, und auch die Golfstaaten werden unruhig. Zwar haben die UN letzte Woche praktischerweise damit aufgehört, die Toten in Syrien zu zählen, doch die Zahl der Vertriebenen gab sie an: Etwa 9 Millionen SyrerInnen sind auf der Flucht, davon 6,5 Millionen im Land selbst. Syrien hatte im Jahr 2010 22,4 Millionen EinwohnerInnen. Unter Beobachtung der westlichen Medien ereignet sich eine unfassbare humanitäre Katastrophe.

Weswegen es jetzt einen zweiten Anlauf gibt, Geld für die Hungernden zu sammeln. Das ist bitter nötig, und doch bleibt Skepsis angebracht. Denn das zentrale Problem ist mit Hilfsgeldern allein nicht zu lösen. Es heißt nach wie vor Assad. Seit Jahren holt sich das von ihm befehligte Regime im Kampf gegen seine Gegner Hilfe bei Islamisten und bombardiert gleichzeitig das Land flächendeckend. Trotzdem konnte es noch immer keinen militärischen Sieg erringen. Daher setzt der im Westen stur als Garant von Stabilität und Bollwerk gegen den Islamismus verkannte Staatsmann zusätzlich auf Terror. Terror durch Islamisten und durch Hunger. Systematisch werden Hilfsgüter abgefangen und kommen fast ausschließlich Assad-Anhängern zugute. Diese Strategie ist bekannt, und doch hört man nichts davon, dass Ban Ki Moon Assad im Vorfeld der für nächste Woche angesetzten Konferenz Genf II eine Waffenruhe abzuringen versucht und auch das Zugeständnis, die Arbeit internationaler Hilfsorganisationen nicht länger zu behindern.

Wenn das Regime aber weiter die Hilfsgüter beschlagnahmt, dann lindert man mit den gesammelten Spenden weniger die Not, sondern läuft Gefahr, stattdessen vor allem Assads Krieg gegen die Zivilbevölkerung zu finanzieren. Der hat bereits um die 140.000 Tote gekostet. Wie viele Syrer müssen noch sterben, bevor der Westen Assad endlich fallen lässt?

Ines Kappert, taz 16.1.2014