Ich bin der, der immer zu früh kommt. Am Donnerstag eine Verabredung im Erfurter Augustinerkloster, zu früh und Frühling, Spaziergang also.
So entdeckte ich das Schild. „Hier stand das Geburtshaus von Willi Münzenberg 1889 – 1940. Publizist im Widerstand gegen Hitler und Stalin“.
Ich weiß so ungefähr wer Willi Münzenberg war. Was aber wird wohl ein Mensch denken, der es nicht weiß? Das war, wird er denken, ein liberaler Publizist, ein bürgerlicher Demokrat. Und genau das war der Mann nicht.
Willi Münzenberg war, von 1924 bis 1933, Mitglied des ZK der KPD. Und er war, dass vor allem, einer der einflussreichsten Kommunisten der Weimarer Republik. Er konnte, was Kommunisten selten konnten: Zeitungen machen, die Menschen lesen wollten. Er gründete und leitete einen der größten Medienkonzerne jener Zeit. Weil er später Stalins These vom „Sozialfaschismus“ der SPD nicht mittrug, wurde er aus der KPD ausgeschlossen und beging, nach allem, was man weiß, 1940 in Frankreich Selbstmord. Willi Münzenberg war ein Mann, der nicht bereit war, jede taktische Wendung seiner Partei zu benicken, aber er war doch und vor allem: Kommunist.
Diese Inschrift unterstellt eine Gleichrangigkeit des Widerstandes gegen Hitler und Stalin, sie unterlässt jeden Hinweis auf den Standort Münzenbergs. Glaubte da jemand, man müsse das so machen? Und: Hatte er recht? Und: Begreift jemand, wie peinlich das ist? Dieser deutsche demokratische Opportunismus.
Henryk Goldberg (Thüringer Allgemeine 27.03.2012)
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