Alter Schwede
Henryk Goldberg glaubt fest, dass Bob Dylan einmal gewinnt.
Keiner kennt ihn. Das ist keine Aussage über die Gedichte des Nobelpreisträgers Tomas Tranströmer. Es ist eine Aussage über die Popularität von Gedichten. Und eine über das Komitee, das den wichtigsten internationalen Literaturpreis vergibt.
Tomas Tranströmer ist 80 Jahre alt, er ist Schwede und er hatte einen Schlaganfall. Das sind Hilfspunkte, und man kann sie begreiflich finden. Begreiflich finden mag man auch seine weitgehende Unbekanntheit, denn anderen Falles blieben Lyriker von diesem Preis weitgehend ausgeschlossen.
Das Problem ist, dass Tranströmer seinen letzten Band 2004 veröffentlicht hat. Er stünde, so sagte der Akademie-Sekretär gestern, seit 1973 auf der Liste der Kandidaten. Seit beinahe 40 Jahren wissen sie also um die Bedeutung dieses Poeten. Einige Jahre nach seinem Schlaganfall 1990 feierte er, heißt es, ein glänzendes Comeback. Und die Frage ist, warum die Akademie ihre Preisträger nicht dann kürt, wenn ihr Wirken offensichtlich ist, wenn ihre großen Arbeiten Gegenwart sind, nicht Erinnerung.
So wurde Günter Grass Jahrzehnte nach seinem Beitrag zur Weltliteratur geehrt, so erhieltenDario Fo und Harold Pinter ihren Ritterschlag, als nur noch Experten wussten, wer die einstmals Prominenten waren.
Irgendwann wird es Bob Dylan doch. Bis dahin muss er tapfer tingeln.
Henryk Goldberg, Thüringer Allgemeine, 07.10.2011
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