Seine Antrittsrede: eine Kriegserklärung. Seine Entscheidungen: vielleicht politische und ökonomische Katastrophen. Darüber wird viel diskutiert. Der Zündfunk Generator versucht hier aber, Donald Trump nicht als der Teil der Welterzählung zu sehen, sondern als Produkt und Phänomen der Popkultur.
Von Markus Metz und Georg Seeßlen
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Was Donald J. Trump am 20. Januar 2017 in seiner Antrittsrede sagte, war mehr eine Kriegs- als eine Regierungserklärung. Mimik und Gestik glichen eher einem aggressiven Volkstribunen als einem zivilen politischen Repräsentanten. Trump beleidigte die Arbeit seiner Vorgänger, etablierte einen aggressiven Nationalismus, verlangte Einigkeit nicht in einer demokratischen Gesellschaft, sondern in einem christlich fundamentalistischen Patriotismus. Es war der letzte einer Reihe von Irrtümern, denen die liberale, demokratische Öffentlichkeit in den USA und auf der ganzen Welt aufgesessen war: Jemand wie Donald Trump konnte doch unmöglich die Vorwahlen gewinnen, unmöglich zum Präsidentschafts-Kandidaten der Republikanischen Partei ernannt werden, unmöglich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden.
Nur eines ist jetzt schon sicher: Die große Erzählung von der demokratischen Verbesserung der Welt, von der Vernünftigkeit der politischen Beziehungen und der Selbstheilungskraft der westlichen kapitalistischen Demokratie, der Aufklärung in einer informierten Gesellschaft – kurz die Geschichte der politischen Moderne des 20. Jahrhunderts – ist zumindest an ihre Grenzen, wenn nicht an ihr Ende gekommen.
Trump als Produkt der Popkultur
Der Zündfunk Generator versucht, Donald Trump nicht als eine vielleicht etwas extreme Erscheinung der politisch-rationalen Welterzählung zu sehen. Einer Erzählung, in der alles durch Ursachen und Wirkungen, durch Interessen, Allianzen, Texte, Gesetze, Ergebnis von Dialog und Kompromiss und die viel bemühte Politik als „Kunst des Möglichen“ zu erklären. Sondern als Produkt, als Gespenst, als Schatten der Popkultur.
Popkultur ist ein weites Feld. Sie lässt sich nicht allein charakterisieren als das Gegenteil einer elitären Hochkultur, dazu gibt es auch viel zu viele Zwischenformen. Sondern vor allem dadurch, dass sie anders erzählt und etwas anderes erzählt als die offizielle Geschichte. Sie ist gewissermaßen das Unterbewusstsein der Gesellschaft, ein konstanter medialer Traum. Oder eben die Stimme, die in den Sphären der Eliten, den Parteien, den Universitäten, den bürgerlichen Zeitungen, den Debatten, niemand hört. Eine Erzählung, die vom politischen Diskurs nie ganz ernst genommen wird. Es ist ja nur Unterhaltung, hier ein bisschen sentimental, da ein bisschen obszön, dort ein bisschen brutal.
You’re Fired
Die rationale Erzählung von Politik kann Präsident Donald Trump nur als widersprüchlich, willkürlich, bösartig, narzisstisch und destruktiv darstellen. Eben als eine undenkbare Störung, für die es keine einheitliche und belastbare Erklärung gibt. Im Kontext der Popkultur wäre er dagegen ein cleveres Erfolgsmodell, ein Pastiche allbekannter, populärer Figuren und Bilder: Volksheld, Selfmademan, Tycoon, Schurke, Sugardaddy. Als Medienfigur war Donald Trump schon längst etabliert, da ließ er noch keine Ambitionen auf die allerhöchsten politischen Ämter erkennen. Er war Autor zahlreicher Ratgeber für schnellen Reichtum und clevere Geschäftspolitik, die reißenden Absatz fanden und finden, auch wenn mittlerweile klar ist, dass Trump nicht eine einzige Zeile selbst geschrieben hat. Trump war der Host einer tückischen Casting Show, in der die Kandidaten Aufgaben zu lösen haben, wie man sie offensichtlich in Trump-Firmen vorfindet. Dem Gewinner winkt ein hoch dotierter Job. Den Verlierern brüllte der Chef und Showrunner hämisch entgegen: You’re fired!
Mehr zu Trumps Rolle in der Popkultur im Zündfunk Generator am 05.02.2017 um 22.05 Uhr auf Bayern 2. Und auch immer als Podcast hier zum Runterladen.
Quelle:
BR.de > Radio > Bayern 2 > Zündfunk > Kolumnen & Sendungen > Generator >“The Donald“ Trump
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