Vom Alptraum zur Propaganda in drei Tagen Bildersturm
Es ist schon erstaunlich, wie offensichtlich uns (und natürlich vorneweg unseren »Kommentatoren«) die Ähnlichkeit der audiovisuell festgehaltenen und in Endlosschleifen repetierten Bilder des Attentats auf das World Trade Center mit den Kinobildern des Katastrophenfilms in seinen verschiedenen Ausprägungen ist. Als wären sie latent in unserem kollektiven Unterbewusstsein gewesen und hätten nur auf ein manifestes Erscheinen gewartet, brachen die Bilder hervor und verlangten entweder nach dem Aufwachen oder dem Erscheinen des Helden. Denn immerhin erzählen ja alle diese Kinobilder der Katastrophenphantasie von nichts anderem als davon, dass Systeme umso verwundbarer werden, je avancierter sie technisch und organisatorisch sind, und je mehr sie sich auf ihre Unverwundbarkeit einbilden.
Die Katastrophe wird möglicherweise durch ein Zurückschlagen der Natur ausgelöst, durch einen Fehler im System selbst oder durch einen Anschlag der »zu allem entschlossenen« Terroristen. Immer aber ist sie, im Kino zuerst einmal, und dann auch in Wirklichkeit, Ausdruck einer fundamentalen Fehlkonstruktion. Etwas oder jemand ist dort, wo es oder er nicht sein sollte. Die Katastrophe ereignet sich an einem Punkt, wo sich Geschichte und Metaphysik begegnen, und was gegen die Katastrophe hilft, ist einerseits die Kraft des einzelnen (und sein familiärer Zusammenhalt) und andererseits das Gebet.
Jede mögliche Katastrophe ist zumindest als Angstbild in unseren Bildermaschinen festgehalten; wir haben jeden größtmöglichen Unfall, jede Art von Weltuntergang, jeden terroristischen Anschlag schon einmal als Medientraum ausprobiert. Es ist keine Katastrophe denkbar, zu der es nicht ein filmisches Vorbild gäbe, nur dass wir mittlerweile schon bei den Explosionen der Atomkraftwerke, der Wiederbelebung der Dinosaurier und den Weltkriegen zwischen Menschen und Machinen angelangt sind. Das heißt: Die Bedrohungen sind mittlerweile in unseren Angstträumen so irreal geworden, wie es vordem schon die »Lösungen« waren.
Den Katastrophenfilmen der späten siebziger Jahre, denen noch an der »Denkbarkeit« ihrer Katastrophen gelegen war, kam es darauf an, auch das Rettende zu konstruieren. Die Katastrophe »zeigt« die Guten und die Bösen, in sich selbst, durch Bewährung und Versagen, in ihrer Genesis, in der die Schurken immer noch schurkischer erscheinen als von uns erwartet, oder in der Rettung und, wenn es sein muss, im Gegenschlag, der am glaubwürdigsten erscheint, wenn er so unterhemdschweißmäßig daherkommt wie bei Bruce Willis in den »Die Hard«-Filmen, der ja zuerst auch gar nicht glauben kann, in was für einen Wahnsinn er da geraten ist. Die Katastrophe ist das Mittel zur Erweckung dieser Kultur aus der Apathie, die sie zugleich mit ihren Wellen der Hysterisierung produziert. Sie ist zugleich das Mittel, uns auf eine furchtbare Weise noch dümmer zu machen, als wir schon sind. Denn aus einem Schaden wird niemand auf der Welt klug.
Nicht nur die Selbstgerechtigkeit und der narzisstische Stolz, mit denen der Westen im Allgemeinen und die USA im Besonderen ihre Symbole errichten, ziehen also die Katastrophen an, die immer wieder aus der Dreieinigkeit böse Natur, eigenes Fehlverhalten und fremder Terrorist entstehen, sondern auch die Katastrophenphantasie im Zentrum der Kultur. Die Katastrophe trifft uns auf diese Weise, weil wir sie schon unentwegt träumen, und wir träumen sie unentwegt, weil wir sie zugleich fürchten und ersehnen.
Das Ausmaß der Katastrophe freilich scheint die Hysterie schon wieder in Lähmung zu verwandeln. Nun scheint alles schicksalhaft, sogar der »unabwendbare« Gegenschlag, nie haben wir es so unverschämt archaisch ausdrücken dürfen: die Rache. Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir in einer Kultur leben, in deren Bilderwelt die Vorstellungen von der Zerstörung dieser Kultur zentral sind. Nicht nur das Bild der brennenden Hochhäuser, das Bild der Twin Towers in Flammen ist zirkulierendes Bild gewesen, ganz sicher war das, was da geschah eines nicht: unvorstellbar. Oder anders gesagt, die Bilder des Katastrophenfilms, die dem wirklichen Geschehen nun so gleichen wie eine Matrix einer Ausführung, haben auch als Bannung versagt. Aber der Rekurs auf sie, dieses fast manisch beschworene Déjà-vu, bildet den Schutzschild für eine Archaisierung der eigenen Gesellschaft, die sich am vermeintlichen Gegner infiziert, auch wenn sich dieser Rekurs als nichts anderes als die Wiederkehr des Verdrängten und Unterdrückten der eigenen Geschichte und der eigenen Ökonomie erweist.
Paradoxerweise also macht gerade diese Entwirklichung der Bilder ihre fast schon wieder willkürliche Emotionalisierung, ihre Steigerung in den religiösen Kitsch z.B. der Bild-Zeitung erst möglich. Was man in dieser Kinematografisierung des Geschehens nicht mehr schafft, ist es, das Reale und das Symbolische auseinanderzuhalten, den furchtbaren Tod von vielleicht tausenden realen Menschen einerseits, und einen Schlag gegen »nationales Selbstbewusstsein« andererseits. Das Kino lebt von dieser Verquickung, hier ist eine Handlung immer auch ein Symbol, ein Mensch immer auch Repräsentant. Aber in der Welt als Kino wird unser Blick inhuman, wenn wir zwischen dem Menschen und seiner Repräsentation, zwischen Story und History nicht mehr unterscheiden können. Der Alptraum verwandelt sich vor unseren Augen von einer hilf- und ratlosen Endlosschleife in visuelle Ideologie, und die von der Katastrophe betroffene Kultur verfällt in eine rauschhafte Regression, der sich auch die besonneneren Medien nicht mehr entziehen, die ganz buchstäblich Texte nur noch als Nachklang zu einem Bildersturm produzieren können. Einem Bildersturm der drei, vier immer gleichen Bilder, um genau zu sein.
Der ikonische und emotionale Schlag, einer gewaltigen Blendung gleich, ließ freilich nur zu deutlich erkennen, wie sich darunter bereits die Interessen neu formulieren. Wie die Vertreter des Faschismus light in Österreich und in Italien schon schnell ankündigten, wollen sie den »Krieg« nun sogleich auf alle »Terroristen« ausdehnen, auch die im eigenen Land, und vermutlich werden afroamerikanische Fundamentalkritiker auch in den USA als erste als Terroristen identifiziert wie »Globalisierungsgegner« hierzulande.
Schon ist die Rede von einem militärischen Schlag gegen die Palästinenser, dem gegenüber die internationale Öffentlichkeit wenig Kritik zu formulieren hätte, angesichts der Bilder jener jubelnden und »Süßigkeiten auf der Straße verteilenden« Palästinenser, die in der gleichen Ritornell-Impertinenz wiederholt wurden wie der Zusammenbruch des Turms und die flüchtenden Menschen im Asche- und Staubregen. Weil das Bild zerfallen ist in den Aspekt des augenblicklichen Effektes (so schnell vergessen wie andernorts ein BSE-Skandal) und den der ewigen Wiederkehr des Kino-Ikons, ist es so frei verfügbar, dass man es selber schnell als Schutzschild und Waffe verwenden kann, gegen wen auch immer.
Die Empfindung einer ewigen Wiederkehr der bereits geträumten Bilder, das Katastrophenbild des Jahres 1975, das sich mit der Katastrophenwirklichkeit des Jahres 2001 deckt, definiert indes auch einen historischen Kurzschluss. Wenn die Ereignisse Kinobilder betroffen hätten, die gerade noch im Kino um die Ecke zu sehen gewesen wären, hätte sich ein ganz anderer Effekt ergeben. Aber selbst Bruce Willis‘ Ein-Mann-Kriege gegen den Terrorismus sind schon wieder Kinovergangenheit.
Aber nun hatte man vor ganz anderen Dingen Angst, vor künstlichen Menschen, virtuellen Realitäten und immer noch vor wahnsinnigen Teenagern, die andere Teenager ermorden. Mit anderen Worten: Vor der Innenwelt dieser Kultur. Die Verwandtschaft der Bilder war rückbezüglich, die Prophetie aus einer Vergangenheit, deren Warnungen man sozusagen gleich zweimal in den Wind geschlagen hatte, durch die Flucht ins Orbitale, die Präsident Bush mit seinem Raketenprogramm schon wieder aufnahm, gerade da, wo sie bei Reagan stehengeblieben schien, und die Flucht ins Digitale, so als würde der dritte Weltkrieg nur von digitalen Androiden im All ausgefochten werden, oder als wäre er keine Sache von Personen und Objekten, sondern von Informationen und, vielleicht, Computerviren. Diese materielle und organische Katastrophe trifft eine Gesellschaft, die sich gerade immateriell und metaorganisch machen wollte, die eine Verteidigungslinie im Jenseits errichten und das Gute vom Bösen so scheiden wollte, als wäre es die Grenze einer virtuellen gegen eine körperliche Welt.
Das Bild des Katastrophenfilms war insofern real und altmodisch, als es an der Idee von Subjekt und Raum als Medien der Katastrophe und des Krieges festhielt. Die Bilder von der Zerstörung der Herzstücke der Zivilisation hatten sich eingebrannt und waren dann ins kollektive Unterbewusstsein verschoben worden. Jetzt kommen diese Bilder zurück, als habe man im Fernsehen ein Sampling der Höhepunkte der ganzen Welle zusammengestellt, vermehrt durch neue Größenverhältnisse wie in »Independence Day« oder »Armageddon«, deren Katastrophen sich von denen der siebziger Jahre unterscheiden, vor allem dadurch, dass nichts mehr auf die eigene Schuld darin verweist.
Der sehr reale Schrecken wird in dieser neuen Art von Katastrophenfilmen von sehr irrealen, außerirdischen Kräften ausgelöst. Das Gleichnis hat seinen inneren Kern verloren. Es geht hier denn auch weniger um die Schuld als um eine Art Verursacherprinzip, weniger um Einsicht als um die Organisation des Rückschlages. Gegen die Terroristen, die ein Herzstück der amerikanischen Zivilisation erobern oder zerstören wollen, hilft nur ein einzelner, Bruce Willis z.B. in den »Die Hard«-Filmen. Störungen in der langsam verrottenden orbitalen Welt werden von »Space Cowboys« behoben, wie ein Leck in der Kanalisation. Es gibt aber keine neuen Helden, die noch mit der Materialität, der Körperlichkeit der Welt fertig werden könnten. Daher ist die Übermalung der aktuellen Bilder des Attentats und der Katastrophenbilder auch eine Übermalung mit den Mitteln der Väterwelt, eine Krise versteht sich im Medium als Wiederkehr einer anderen Krise.
Die Verwandtschaft des Bildes aus dem Kino mit dem aus der Realität ist aber primär rein oberflächlich, der innere Gehalt unterscheidet sich nicht dadurch, dass im Kino jedes Opfer einen Sinn ergibt und es immer so etwas wie eine Rettung gibt. Das Wirkliche und das cinematografische Bild müssten trotz solch phänotypischer Verwandtschaft noch lange nicht dasselbe bedeuten. Diese Analogie müssen wir in gewisser Weise auch wollen. Aber die Gleichsetzung von Katastrophe und Kino sitzt offensichtlich schon so tief, dass es uns auch als willkommene Maskierung dienen mag. Weil es so sehr Kinobild ist, können wir das »Eigentliche« des Geschehens gar nicht mehr wahrnehmen. Auch deswegen sprechen alle Kommentatoren von den Bildern und nicht von einem Geschehen.
Der Gegenschlag muss also kommen, und vorher erfasst uns, nach einem kurzen Anfall der Hysterie – denn Trauer ließ diese Inszenierung gewiss nicht zu – als rauschhafter Konsens eine merkwürdige Identitätskrise. Das eine Bild rast durch die Gesellschaften des Westens und richtet dort einerseits das stets Gleiche an, nämlich die starre Erwartung des Gegenschlages (und des Gegenbildes), denn dieses Bild kann so nicht »stehenbleiben«. Aber andererseits schreibt sich das gleiche Bild auch sehr schnell auf ganz unterschiedliche Weise in die nationalen Befindlichkeiten ein. Und es wird niemanden verwundern, dass es eine weitere Bewegung der Mitte nach rechts bewirkt. Gerade wollten wir aus irgendwelchen Gründen noch unbedingt stolz darauf sein, Deutsche zu sein, und nun sind wir plötzlich alle Amerikaner, wenngleich mit einem verteufelt deutschen Hintersinn. Vor einem Verbündeten wie Deutschland mag man sich in den USA durchaus fürchten, denn unter der Hysterisierung lauert eine unterschwellige Kriegslüsternheit; nirgendwo wird die Metapher vom »Dritten Weltkrieg« mit solchem Feuer vorangetrieben.
Das Religiöse dabei kippt nun freilich mit der »Amerikanisierung« in die wahnwitzige Bigotterie zurück, die möglicherweise nicht unschuldig an der Katastrophe ist. »Einen monumentalen Kampf zwischen Gut und Böse« kündigt Präsident Bush jr. an, und niemand wagt so recht, dieser rhetorischen Infantilisierung angesichts der Bilder zu widersprechen. Denn wir sind nicht nur die Panoramabilder der Katastrophe und ihre Parallelmontage mit dem Affektbild des entsetzten Menschen gewohnt, sondern auch ihre weitere Auflösung: Das Akzeptieren der Opfer parallel zur Beschreibung der Schuldigen. Die Erscheinung des erst gedemütigten und geschundenen Helden, der nicht nur zur rettenden Tat, sondern mehr noch zur symbolischen Wiederherstellung der Gerechtigkeit ausholt und dabei wieder vollständig Körper wird. Hat nicht die Einstellung auf die lachenden und triumphierenden Palästinenser gewirkt, als wäre in ihr das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit schon gleichgültig?
Es ist nicht das Ereignis, das nach Verstehen verlangt, sondern Bilder, die nach Gegenbildern verlangen. So scheint uns ein Drehbuch, eine Montage-Konzeption zu erfassen. Nicht Trauer, sondern öffentliche Hysterie scheint die angemessene Reaktion, und bei der Drei-Minuten-Schweigen-Pause in einem Kaufhaus kann man beobachten, wie sich die Menschen vor die Überwachungskameras drängen, um ihre Trauer darzustellen. Nein, sie sind nicht nur eitel und mediengeil, sie wollen das Gegenbild erzeugen. Sie wollen im Innen sein: »Trauer eint ganz Deutschland« heißt es in Bild. Das ist ein böser Satz, der schon eine Geschichte des Missbrauchs der Trauer beschreibt.
Jeder hat eine Erklärung dafür, »dass wir jetzt alle Amerikaner sind«, was über jede Art von Solidarität und Mitleid grotesk hinausgeht. Sofort setzt eine historische Übermalung ein, und auch die bekommen wir nicht ohne Neuaufladung mit Ideologie: Wir sind alle Amerikaner, sagt die Rentnerin in Bild, »weil ich mich an das Care-Paket erinnere, das mir die Amis nach meiner Vertreibung aus Böhmen schenkten«. Wollen wir also die Care-Pakete etwa in Form von Blutspenden zurücksenden, um in einem Akt der Verschmelzung jene »Identität« zu erhalten, die uns so furchtbar zu fehlen scheint? Und können wir wirklich nicht trauern, ohne uns zu »einen« und ohne über unsere »Vertreibung« zu lamentieren?
Welche Psychodramen werden da inszeniert! Offensichtlich identifiziert man sich mit dem Leiden der Amerikaner, das sofort nationalisiert wird, um sich nicht nur mit dem einstigen Sieger zu identifizieren, sondern noch einmal das Gute gegen das Böse in einen aus dem Elend geheiligten Krieg zu schicken. Noch die furchtbarste Katastrophe in Bombay würde keinen Deutschen auf die Idee bringen, sich zu einem Inder zu erklären, und auch in anderen europäischen Ländern war in allem Schrecken und bei aller Solidarität nichts von einer solchen nationalen Übersprungshandlung zu bemerken.
Wie wollen wir werden, angesichts dieser Katastrophe. Der einzige Traum, der hier hilft, ist der vom Zusammensein. Aber er ist schon ideologisch aufgeladen, kaum dass er begonnen wurde. Die Bild-Zeitung behauptet: »Das Gebäude war das Symbol für Freihandel und Wohlstand.« Haben wir nun Anteil an beidem, oder war es der Traum, um den unsere Gesellschaft errichtet wurde?
Ronald Reagan hat immerhin noch erklärt, Terror sei die Waffe der »Schwachen und der Bösen«, und zumindest der erste Teil seiner Aussage hätte zu denken geben können, wenn man denn zu denken bereit gewesen wäre. Nun mag uns das Bild erscheinen von den Ausgebeuteten und Gedemütigten, die auf diese verbrecherische Weise antworten. Aber kein Modell, weder das rechte noch das linke, will wirklich aufgehen. Der entterritoralisierte Terror, der keinen Staat, keine Gesellschaft, keine Partei, nicht einmal eine Idee als Gegner hat, sondern so etwas wie ein Geflecht von Empfindungen und Möglichkeiten über alle Grenzen hinweg, reterritorialisiert auf paradoxe Weise die USA und macht zumindest die Militarisierung des Weltraums obsolet. Letztlich »hilft« gegen einen solchen Terror nur die Kontrolle der Welt.
Die Emotionalisierung der Medien (»Der Tag, als die Schlagzeilen weinten«, Bild) ist eine Methode, aus dem Fenster einen Spiegel zu machen. Alles was wir zeigen oder sagen können, hat wenig mit der Geschichte des Attentats und viel mit uns selbst zu tun. Das »Geile« am Schrecken einer Katastrophe ist das hemmungslose Durcheinander aller privaten und öffentlichen Gefühle. »Wenn ich diese schrecklichen Bilder sehe, denke ich an meine eigene Kriegszeit zurück. Da habe ich auch so viel Leid und zerfetzte Menschen gesehen.« (Günther Pfitzmann) Aber natürlich kommt es noch schlimmer: »Mir war ganz schlecht, und ich hatte noch nicht mal mehr Lust zu singen. Auch in meinem Rathaus Café habe ich vorerst Musikverbot erteilt.« So spricht Heino. Zwanglos geht da der Narzissmus in Werbung über, und schließlich müssen ja die alten Geschichten und Gesichter wieder mit der neuen Katastrophe verbunden werden. »So entgingen Mette und Prinz Haakon dem Unglück.« Letzte Seite der Katastrophensondernummer. Da bereitet sich schon die Rückkehr zum gewohnten Wahnsinn vor.
In den USA hat man einen Film mit Tim Allen zurückgezogen, in dem es um eine Bombe in einem Flugzeug geht (»Big Trouble«). Der Trailer von »Spiderman« wird nicht mehr gezeigt, in dem sich ein gewaltiges Netz um die Türme des World Trade Centers legt. Und auf Eis gelegt wird auch der neue Schwarzenegger-Film, in dem ein Terrorist einen Wolkenkratzer in Los Angeles bombardiert. Das mag zunächst ein wenig wie Pietät wirken, bereitet aber eher die neuerliche Verknüpfung vor: Auch so herum kann man Wirklichkeit und Film einander angleichen. Denn die Welt ist alles, was das Bild ist. Und nichts dahinter.
Autor: Georg Seeßlen
Text: veröffentlicht in jungle world
- MISCHPOKE II - 4. März 2024
- Bruno Jasieński: Die Nase - 27. Juli 2021
- Manifest für ein Kino nach Corona | Brauchen wir andere Filme? - 27. Juli 2021
Schreibe einen Kommentar