Gerade hat Georg Seeßlen, Autor u.a. des möchtegernklugen Buches „Blödmaschinen“, in der „TAZ“ die Abschaffung des Feuilletons gefordert (weil es der „bürgerlichen Persönlichkeit“ entspreche und diese so wie die „bürgerliche Zeitung“ verschwinde, man kennt das), da führt uns das höchst lebendige deutsche Feuilleton einen perfekten Meta-Krimi vor.
So heißt es in der Zeitung, die sich einfach „Die Presse“ nennt. Jetzt weiß ich es: Ich bin Mit-Autor eines „möchtegernklugen“ Buches. Ach, möchten wir nicht alle ein bisschen klüger werden?
Chor der feuilletonistischen Knochenmänner: Nö, möchten wir nicht. Weil, was hat ein Möchtegernkluger schon für Chancen gegen die Man-kennt-das? Die Man-kennt-das sind eine Feste Burg und die Möchtegernklugen sind draußen im Wald, und wer das Verschwinden der bürgerlichen Persönlichkeit bemerkt, was, nebenbei auch ein paar ziemliche kluge Köpfe der sogenannten Geisteswissenschaften tun, die für die Man-kennt-das natürlich keinerlei Relevanz besitzen, dem wird es noch strafverschärfend vorgehalten, wenn die Verhältnisse tatsächlich so idiotisch sind, wie er sie beschrieben hat. Das größte Vergehen der Möchtegernklugen ist, dass sie manchmal ziemlich recht haben, und das ist echt lästig. Und das Schlimmste ist, dass die Möchtegernklugen ja eigentlich gar nicht recht haben wollen. Sondern nur zum unruhigen Denken anregen. Das Rechthaben überlassen die Möchtegernklugen nur allzu gern den Man-kennt-das.
Und denen ist es in der Tat ein Beweis für die Lebendigkeit des deutschen Feuilletons wenn einer von den Feuilletonisten einen Kriminalroman schreibt, indem er sich als alter Schwede ausgibt (weil schwedische Krimis, das ist wie Paolo Conte oder Paul Auster, auf die können sich alle, aber fast schon wirklich alle einigen), in dem er einen ziemlich kenntlichen Kollegen umnieten lässt. Du lieber Himmel! Das hat vor Jahren schon Woody Allen in einem seiner schöneren Filme gesagt: Wir, wir hauen niemandem in die Fresse, und wir schlagen keine Autofenster ein, wir gehen nach Hause und schreiben grimmige Satiren. Übrigens hat Woody Allen in diesem Film dann doch noch Autofenster eingeschlagen. Und es ist keine grimmige Satire geworden, sondern halt ein Fake-Schwedenkrimi.
Also wenn das ein Beweis für’s „höchst lebendige“ ist, dann gute Nacht.
Erst wenn der letzte Man-kennt-das in den Blödmaschinen verschwunden ist, werdet Ihr merken, was für ein saugeiles Gefühl das ist, dem Drang zum Klügerwerden ab und zu nachzugeben.
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