Retrocinema
Ewige Wiederkehr und unbegrenzte Mixbarkeit
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Vielleicht ist es ja nicht nur die Pop-Musik, die in ihrer Vergangenheit steckengeblieben ist und nun von einem Recycling zur anderen Retromanie kreist, sondern die Kultur als ganzes, ach, was sage ich: Nennen wir es doch einfach „die Welt“. Immer mehr neue technologische Mittel werden aufgewandt, um immer mehr Dinge zu bewegen, die ohnehin die alten sind. Kultur im Allgemeinen und Pop-Kultur im Besonderen, das ist nichts anderes als die Kunst, sich im Kreis zu drehen, ohne sich zu langweilen, und ohne umzufallen. Für diese Form der ewigen Wiederkehr (aber auch: der unbegrenzten Mixbarkeit) gibt es erst einmal drei Erklärungsmodelle:
1.) Es war schon immer so. Nicht bloß die Kunst-, sondern auch die Ideengeschichte ist, zumindest seit der Zeit der alten Griechen (davor wird unser kulturelles Gedächtnis ausgesprochen lückenhaft) ein unentwegtes Wieder-Aufnehmen und Umdeuten. Mit einer griechischen Statue ist schon alles über Menschen und ihre Bilder gesagt, in der „Odyssee“ stecken schon alle Geschichten, die man je erzählen wird, und eine Höhlenzeichnung oder ein Wandteppich enthalten schon die gesamte Kinogeschichte.
2.) Der Vorrat an Phantasien, an Bildern, Erzählungen und Melodien, ist begrenzt. Sehr begrenzt. In gewissen Phasen wird das deutlich, dass man ohnehin nur immer wieder die alten Geschichten in neuem Gewand erzählt, dass jedes neue Bild nur eine Variante der alten Bilder ist, und dass Britpop nur eine aufgeraute Version der Beatles sind, die Beatles aber auch nur eine abgespeckte und beschleunigte Variation von Schubert boten, der seinerseits von Mozart… Dann kann man immer noch die Frage stellen, wie bewusst oder naiv so was gemacht wird.
3.) Die Zukunft kann irgendwie ganz interessant sein. Die Vergangenheit war eigentlich ganz okay. Bloß die Gegenwart, also die Gegenwart geht gar nicht. Offensichtlich ist die Abschaffung der Gegenwart ein politisch-ökonomisches Projekt, in das die unterschiedlichsten Interessen und Impulse fließen. Die Macht, der Profit, und ehrlich gesagt auch die Bequemlichkeit. So befindet zum Beispiel die Partei in China, dass den Kino-Zuschauern im größten Filmmarkt der Welt Darstellungen der Gegenwart irgendwie nicht zuträglich sind, jedenfalls wirft die Zensur schon mal einen zweiten und dritten Blick auf Filme, die sich mit der Gegenwart beschäftigen, während sie mit prächtigen Vergangenheitsbilder vergleichsweise tolerant umgeht. Die Folge ist, dass die chinesische Filmindustrie die Welt mit prächtigen, aufwändigen historischen Kostümdramen und Legendenfilmen beglückt, deren Subtexte kaum noch lesbar sind, hierzulande (einmal handelt es sich um in historisch-nostalgischem Dekors verkappte Kritik, das andere mal um schiere nationalistische bis rassistische Propaganda). So etwas gibt es bei uns natürlich nicht, eine Abschaffung der Gegenwart durch die Zensur. Bei uns erledigt das der Markt.
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Man muss den „Rückbau“ der Kultur im 21. Jahrhundert wohl doppelt verstehen, als ein Abtragen des Unnützen und als ein Herrichten des Verbliebenen in endlosen Zeitschleifen. Das Kino wird als Retromaschine vielleicht deswegen weniger wahrgenommen als die Musik oder die Mode, weil das Kino schon immer retro war, vorwiegend. Oder eben: retrofuturistisch bzw. modernisierungshistorisch. Die Flucht in die Vergangenheit und die Flucht in die Zukunft (die, wie wir seit „Star Wars“ wissen, auch nur eine aufgemotzte Form der Vergangenheit ist), scheinen die Antwort auf eine frühere grammatische Kampfansage: Der Angriff der Gegenwart auf die übrigen Zeiten wurde beantwortet mit einem Bündnis der übrigen Zeiten gegen die Gegenwart. Eine besonders sichtbare (und deshalb vielleicht noch eine der harmloseren) Formen dieses Bündnisses ist der „Retrofuturismus“, die Idee, man könne sich eine Zukunft so vorstellen, wie man sie sich vielleicht in der Vergangenheit vorgestellt hat. Dafür ist das Kino eine perfekte Maschine. Sie hat Erfahrung darin, jede technische Neuerung dazu zu verwenden, der technologischen und sozialen Gegenwart den Rücken zuzukehren. Mit dem Farbfilm ging’s ins Mittelalter und zu den Piraten, mit CinemaScope in die römischen Arenen und ins biblische Zeitalter, das digitale Kino macht eine Spirale magischer Kinderträume möglich, und 3-D ist offenbar die Geheimformel fürs verlorene Paradies (das von böser Technologie in „Avatar“ bedroht ist, wie sollte es anders sein). Man braucht, nicht nur in „Harry Potter“, viel Rechner-Kapazität, um so perfekt eine Welt darzustellen, in der es keine Computer gibt.
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Es ist nicht nur die Gegenwart der Welt, sondern auch die Gegenwart des Mediums, die zum Verschwinden gebracht werden muss. Wie die Pop-Musik (als „Krise der Industrie“ einerseits, als „semantische Katastrophe“ andererseits) so muss auch das Kino seit geraumer Zeit fürchten, ganz einfach abgeschafft zu werden. Seit es das Kino gibt, hat es seine Krisen produziert. Mal durch Überproduktion, mal durch zu schnelle, mal durch zu langsame Entwicklung. Aber nun bekennen selbst die Mogule unserer Tage, Steven Spielberg allen voran, die Befürchtung das Medium lönne nun wirklich einfach verschwinden. Es mag sich auflösen in einer digitalen Bilderflut, die alle Abspielstationen durchläuft, im Cineplex so sehr funktioniert wie auf dem heimischen Computerbildschirm, es mag sich in ein Meta-Medium verwandeln, es wird als Remake und Sequel-Maschine zum großen Recyclingsunternehmen. Schon wird das letzte authentische Film-Material offensichtlich spekulativ vom Markt gekauft. (Und wir vermuten, aber sagt es nicht weiter, dass eben jener Steven Spielberg, der öffentlich vor diesem Phänomen warnt, unter den Aufkäufern „echten“ Filmmaterials ist.)
So reist das Kino zunächst in die eigene Vergangenheit, sei’s im „Cinema Paradiso“, sei’s in der Zeit, da das Filmen noch geholfen hat, in „Super Acht“, den J.J. Abrams als Regisseur als Hommage an die frühen Filme des Meister, Steven Spielberg (der „Super Acht“ auch produzierte) und zugleich als perfekte Zeitschleife anlegte: In den 70er Jahren drehen ein paar jugendliche Amateurfilmer einen „Zombie“-Film und werden dabei zufällig Zeugen eines Zugunglücks. Auf ihrem Material entdecken sie bei der Bearbeitung eine fürchterliche Kreatur, die wohl aus den Laboratorien der amerikanischen Militärs entwichen ist. So wie sich die fiktiven Monster als so harmlos gegenüber den echten erweisen (im Film natürlich Fiktion 2.0), so erweist sich auch die Traumzeit gegenüber der realen als die „bessere“.
Das Kino geht aber auch in die Geschichte seiner Zulieferer-Medien zurück, zu denen, nur zum Beispiel, die Comics gehören, oder auch die Nachrichten aus der angeblich wirklichen Welt. „X-Men: Erste Entscheidung“ etwa spielt in einem artifiziellen 60er-Jahre Ambiente. (und damit in der Entstehungszeit der Marvel-Comics). Aber es geht auch um eine weitere historische Ebene darunter, die Geschichte des jüdischen Jungen Erik, der ansehen muss, wie seine Mutter in einem Konzentrationslager erschossen wird, von einem Nazi-Mutanten. So wird Erik mit seinen übernatürlichen Fähigkeiten zum Rächer, der seine telepathischen Fähigkeiten in der Schule des Dr. Xavier , und zugleich erfahren wir, dass die Cuba-Krise eigentlich von niemandem anderen als Magneto, dem Gegenspieler der „guten“ Mutanten ausgelöst wurde. Das Spiel mit der Geschichte mag dem traditionellen Blick zunächst einmal vor allem als „frivol“ erscheinen; seit „Zelig“ oder „Forrest Gump“ ist dieses History-Sampling offenbar in den Mainstream und in die Franchises der Zeichenwelten aus Comic/Film/Game gerutscht. Bill und Ted hätten mit dieser exzellenten Art der Zeitreise kaum noch eine Chance, die Noten ihrer history lessons zu verbessern.
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Spielbergs Idee war es wohl schon immer, innovative Technologie für traditionalistische Inhalte zu verwenden. Doch seit den neuen 3-D- und Digitalisierungsschüben funktioniert das auch nur noch bedingt. Seine und Peter Jacksons Verfilmung von „Tintin“ drückt diese Sehnsucht ebenso aus wie Jacksons doppelte Codierung von „King Kong“ oder das Genre-Crossover von „Cowboys & Aliens“. Immer geht es zugleich nach vorn und in die Vergangenheit, und man mag sich in der Tat fragen, wie weit diese Spannung noch zu erhalten, und wie weit sie zu ertragen ist.
Die Pointe dieser Erzählweise: Man ist zugleich da und woanders. Retrofuturismus konstruiert Zukunft aus der Vergangenheit, sozusagen unter Umgehung der Gegenwart. Oder umgekehrt, wie in „Transformers 3“, wo vor der langen und blechernen Destruktionsorgie die amerikanische Geschichte zwischen Nixon und Kennedy mal kurz neu geschrieben wird. Solange diese nostalgische, manieristische und synthetische Erzählweise dem kiddie stuff dient, kann der Mainstream nichts dagegen haben. Dann nämlich konstruiert das ein Reich, das in der Realität definitiv verloren zu gehen begonnen hat: Kindheit. Das magische Weltbild, die belebten Dinge, die Märchenstruktur. Wäre es also „erwachsen“ in der Gegenwart und in der Wirklichkeit anzukommen, in Filmen zum Beispiel, oder in Songs? Und ist „coming of age“ im digitalen Zeitschleifenland etwa eben dies, sich aufzumachen auf den Rückweg in Wirklichkeit und Gegenwart?
Oder ist es, anders herum, „erwachsener“, die Zeitschleifen und Retro-Türmereien zu reflektieren? Wie dem auch sei: Einer von den zahlreichen Tricks der Retrokulte im Kino besteht darin, nicht nur mit dem Kino in die Vergangenheit zu reisen, sondern auch in eine Vergangenheit des Kinos. Das meint einerseits das große Zitaten- und Verweisspiel, mit dem uns das postmoderne Kino eine neue Form von „Intelligenz“ versprach, es meint aber auch ganz direkt eine Selbstdarstellung des Mediums, wenn auch nicht immer so pseudo-naiv wie in Jacksons „King Kong“, der vor seine Digital-Effekte eine Kamera der dreißiger Jahre schob.
Einerseits erkennt man vielleicht in der Selbstrefelexion sagen wir der „Scream“-Serie oder im aberwitzigen „Don’t Look Up“ von Fruit Chan (dem Remake eines Films über den horriblen Wahn eines Remakes) das rasende Aufderstelletreten, auf der anderen Seite lassen die globalen Bilderströme eine lineare Entwicklung nicht mehr zu. Keine Nouvelle vague wird die „Sprache“ des Films mehr verändern können, die nun zu einem offenen System geworden ist, zugleich aber kein „off“, keinen unerwarteten Impuls, keine Zukunft mehr kennt. Irgendeine der Filmsprachen aus den verschiedenen großen Traumfabriken, Hollywood, Bollywood, Hongkong, Korea oder auch den kleineren, Nollywood, Babelsberg, Cinecittá, Teheran, „passt“ immer und ist immer zu irgendeiner anderen „Vergangenheit“ oder „Zukunft“. Ein lyrischer Menschenfilm aus dem Iran oder ein durchgeknallter Schulmädchen-Roboter-Splatter aus dem J-Horror, ein Neo-Western mit Neo-Morricone-Musik aus Korea oder eine romantische Komödie aus Hollywood, eine Farborgie des Hindi-Kinos oder ein S/W-Film von Aki Kaurismäki. Everything goes.
Je breiter freilich das Angebot, desto enger die Zeitschlaufen; da, so wenig wie in der Pop-Musik, „Fortschritt“ noch zu haben (oder zu „glauben“) ist, wird der Druck auf die Introspektion dringlicher. Das Mainstream-Kino, hierzulande und augenblicklich jedenfalls, träumt sich nicht bloß zurück in bessere Tage, es träumt sich in seine Geschichtlichkeit zurück, in eine Situation, wo einerseits der Film noch „Geschichte machen“ (oder wenigstens begleiten) konnte, und wo er andererseits noch eine Biographie bestimmen konnte. Das Kino träumt sich, mit anderen Worten, einen Ort, an dem es noch „Bedeutung“ hatte. (Anders verhält es sich etwa mit dem deutschen Fernsehen, das derzeit in den fünfziger Jahren mit seinen Heimatschmonzetten und in den siebziger Jahren mit dem Neokitsch der Pilchers und Danellas einen neuerlich fixen Traumort gefunden zu haben scheint, und wir vermuten: Dort treiben sich nicht nur Senioren herum.)
„Reflexive Nostalgie“ macht die Bilder einerseits „intelligenter“, so fordern auf diese Weise keine bedingungslose Identifikation und versprechen keine Identität. Aber natürlich kommt es in der dialektischen Einheit von Reflexion und Nostalgie auch sehr darauf an, welche von beiden Elementen dominiert. Und auf noch etwas kommt es an: Die Beziehung zwischen Reflexion und Nostalgie muss ihrerseits wiederum „bedeuten“. Dass diese nicht einfach aufgrund einer Formel funktionieren kann, zeigen die Erfolge und vor allem die Misserfolge von retrofuturistischen oder „Steampunk“-Filmen.
Retrofuturismus bedeutet indes nicht nur „Flucht“ aus der Gegenwart und damit allenfalls indirekte Kritik an der „unbewohnbaren“ oder „unerzählbaren“ Gegenwart. Es definiert, so wie es in der Musik und in der Literatur möglicherweise die „reflexive Nostalgie“ tut, einen Standpunkt außerhalb der eigenen Zeit, von dem aus diese durchaus auch scharf bezeichnet werden könnte.
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Einerseits erklärt man, und da ist man ja durchaus in der Nähe modernerer Kunsttheorien, die Bilderzählung in einem umfassenderen Sinn zur „Möglichkeitsform“. Story und History tauschen die Plätze. Die Story erfüllt sich nicht mehr in der History, sondern die History erfüllt sich nach Maßgabe der Story. Die Welt ist voll von imaginary friends, und alle erzählen sie ihre Geschichten. Andrerseits begibt man sich in die merkwürdigsten Zeitschleifen und –Fallen. In den Serien wie „Life on Mars – gefangen in den 70ern“ oder „Der letzte Bulle“ wird das Jahrzehnt als Identifikation benutzt (natürlich ist das ein Spaß, wie bei „Austin Powers“, aber es ist zugleich eine Rückkehr zur Erzählbarkeit). Wann hat eigentlich zum ersten mal jemand in einem Film oder einer TV-Serie einen Satz gesagt wie: „Das hier sind die siebziger Jahre“ oder „Willkommen in den Achtzigern“? Vielleicht erklärt sich manches, wenn man „Zeit“ nicht mehr als Kern, sondern als Mantel der Erzählung versteht.
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Die Zukunft, von der Gegenwart aus betrachtet, wurde „schäbig“. Schmutzig, kaputt und heruntergekommen, der Zustand, von dem man sagt, irgendwer und irgendwas „habe schon bessere Zeiten gesehen“, so in „Blade Runner“ oder „Matrix“ oder „Alien“. Und weil auch die märchenhafte Zukunft kein wirklicher Ausweg ist, bleibt nichts anderes als die Zukunft von einer anderen Zeit aus zu rekonstruieren. Natürlich passiert dabei etwas, das man auch im literarischen Zweig der Science Fiction beobachtet, nämlich die Aufsplitterung der „Zukunft“ in eine Unzahl von Parallel- und Möglichkeitswelten. Wenn man die Zukunft aushalten will, dann darf man sie nicht als Verlängerung der Gegenwart ansehen, es sei denn man ist verliebt in Katastrophen und Apokalypsen. Die einzige Chance der Geschichte, die auf ein Ende zuläuft, unausweichlich, wie man sagt, ist es, sich aufzuspalten, sich zu brechen. Semiotisch bedeutet das: Nieder mit dem Syntagma! Es lebe das Paradigma! Es ist eine Welt (oder wenigstens ein Film) der Zutaten. (Und der Erinnerungen/Rekonstruktionen: „Super acht“ heißt, ein verlässliches Filmmaterial in den Händen zu haben: Wenn darauf ein Monster ist, dann ist darauf ein Monster – und nicht etwa ein Eingriff ins Programm. Ein Bug.)
Es geht immer zugleich um Bilder- und um Verhaltenscodes. In „Ashes to Ashes“, der Variation von Life on Mars, muss sich die Polizeipsychologin Alex Drake in den achtziger Jahren mit den absurden Klamotten und Sprüchen arrangieren, in die sie durch ihre Zeitreise geraten ist. Es gibt so gut wie keine „fremden Länder“ mehr (nur sehr, sehr unterschiedliche Stadien der Heruntergekommenheit), darum muss es „fremde Zeiten“ geben. Die Zeitschleifen des neuen Films sind die Abenteuerreisen des einundzwanzigsten Jahrhunderts; Kara Ben Nemsi sprach umpfzig Sprachen und noch dazu jede Menge „Dialekte“; Held und Heldin nun (oder wann?) sprechen fließend sechziger, siebziger, achtziger etc. Ein Argument oder eine Methode oder eine Attitüde ist nicht mehr „falsch“ oder „überholt“, es ist „so achtziger Jahre“ (heute eine Beleidigung, morgen ein Kompliment).
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Was die Filme freilich auch sagen, und damit sind sie tatsächlich, äh, auf der Höhe der Zeit und ihrer Diskurse: Zeit – sagen wir: eine „Epoche“ – ist ein gesellschaftliches und ästhetisches Konstrukt. Sie ist nicht mehr Wesen, sondern Haut, und natürlich muss man sie nicht „linear“ verstehen.
Ein wenig schief muss das immer gehen, wenn das „nostalgische Flair“ so hergeprügelt wird wie bei Luc Bessons Film-Adaption des wahrhaft zauberhaften „Adèle“-Comics von Jacques Tardi, und es funktioniert, wo es mit Understatement serviert wird wie in den „Mumien“-Filmen – folglich funktioniert es, bei Riesen-Projekten wie „King Kong“ (die noch andere Schauwerte zu Hauf zu bieten haben) eben nur halb. Was nämlich, zum Beispiel im Medium der Comics, aber auch in manchen Serien-Konzepten des Fernsehens oder im Computergame ein zweitrangiges Problem ist, das ist im Kinofilm ziemlich drängend, nämlich eine technische Eindeutigkeit des Bildes, die der behaupteten Mehrdeutigkeit im Weg steht. Die reflexive Nostalgie bricht sich am eigenen Bewusstsein, in Filmen wie „Sky Captain and the World of Tomorrow“ oder „League of Extraordinary Gentlemen“, die unentwegt sagen müssen: Seht mal, wie nostalgisch! Seht mal wie reflexiv ich bin!
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Gegenwärtig, so scheint es, ist nur noch der mehr oder weniger nackte Körper. Um den geht’s im Kino nebenan. Daher schwankt man vielleicht zwischen Harry Potter und „Saw 54“. Gegenwart ist, wo es weh tut. Im nächsten Torture Porn. Oder in „Essential Killing“.
Georg Seeßlen
Bilder: © Paramount
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